Sendung 662 vom 06.11.2024
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Am Freitag vergangener Woche berichtete HR-Info im Thema am Morgen über die neue elektronische Patientenakte, die ab Januar nächsten Jahres für alle eingeführt wird. Die Berichterstattung war voll des Lobes über diese Neuerung, was für uns Grund genug sein soll dies einmal näher zu betrachten.
Am 15. Januar 2025 soll die elektronische Patientenakte (EPA) für rund 73 Millionen gesetzlich Krankenversicherte starten. Wobei sie erst vier bis sechs Wochen lang in zwei Modellregionen ausgerollt wird und anschließend ab März 2025 bundesweit nutzbar ist. Zunächst werden dort Medikationslisten sowie Arzt- und Befundberichte gespeichert. Ab Sommer 2025 müssen behandelnde Ärzte auch „digitale Medikationsprozesse“ und ab 2026 Laborbefunde von Kassenpatienten dort abgelegen.
Diese allumfassenden Patientendaten sollen dann, wie es heute in Mode gekommen ist, in der „Cloud“ gespeichert werden. Das bedeutet in der Praxis, daß die Daten auf zentralen Servern abgelegt werden, die laut Aussage des Ministeriums besonders gesichert sind und in Deutschland stehen. Hier sei aber extra noch einmal darauf hingewiesen, daß das Internet global ist und nicht lokal! Das bedeutet, daß auch eine Kommunikation von Frankfurt nach Hamburg (beispielsweise) möglicherweise über Rom, New York und London laufen kann und nicht in Deutschland verbleiben, wie hier suggeriert wird!
Wie bei der Organspende macht man es sich auch hier sehr einfach. Es gibt eine Widerspruchslösung, das bedeutet man aktiv widersprechen muß, wenn man sie nicht will. Damit ist es so, daß jeder der nicht widerspricht in der EPA angelegt wird, was einer Entmündigung der Bürger gleichkommt.
Nach einem Bericht des Deutschen Ärzteblatts stößt „die bevorstehende flächendeckende Einführung der EPA bisher kaum auf Widerstand“ seitens der Versicherten. Nur rund ein Prozent habe bislang Widerspruch dagegen eingelegt. Dabei würden alle Versicherten bereits seit dem Sommer „schriftlich auf die Einführung der E-Patientenakte im Januar und die Möglichkeit hingewiesen, gegen ihre Einrichtung Widerspruch einzulegen“, so das Ärzteblatt.
Was seit mehreren Wochen in allen Medien als riesengroße Errungenschaft und Wohltat für die Bürger dargestellt wird ist in Wahrheit jedoch nichts weiter als ein riesengroßes Verbrechen an den Menschen, eine kapitalistische Gelddruckmaschine für einige wenige Konzerne und vor allem ein weiteres Projekt, mit dem der Staat und seine Behörden die Bürger überwachen und ausspionieren können.
In einem Bericht, der eben bereits zitierten HR-Info Sendung, wurde Prof. Dr. Christian Karagiannidis interviewt, ein Mitglied des sogenannten „Expertenrates“ der Bundesregierung zur EPA. Dieser sprach davon, einer der Vorteile wäre das Ärzte jetzt im Notfall sofort auf alle Daten des Patienten zugreifen könnten, was die Behandlung vereinfacht. So wie es sich in dem Bericht anhört muß ich davon ausgehen daß die Ärzte unbegrenzten Zugriff auf die auf den Servern hinterlegten Daten haben.
Dies ist etwas verwirrend, da es in der ursprünglichen Berichterstattung hieß, daß ein Zugriff auf die Daten nur doppelt gesichert möglich ist. D. h. der Arzt hat einen Zugangscode, der von einem zweiten Zugangscode des Patienten bestätigt werden muß. Davon ist in der momentanen Berichterstattung jedoch nicht mehr die Rede. Darauf eine Erklärung zu fordern sollte oberste Priorität haben!
Weder die Krankenkassen noch das Bundesgesundheitsministerium erwähnen aktuell das große Interesse der Gesundheitsindustrie und der Pharmakonzerne an den Gesundheitsdatensammlungen. Lediglich auf der Seite des EPA-Entwicklungsunternehmen Gematik (die 2005 extra zur Einführung der EPA gegründet wurde) findet man den Hinweis, daß die Daten ab dem Sommer 2025 für „Forschungszwecke“ genutzt werden dürfen.
Die wichtigste Frage jedoch, die sich jedem Bürger wahrscheinlich stellt, ist die der Sicherheit der Daten. Und dies lohnt es sich einmal ganz genau anzusehen. Die persönlichen Daten von mehr als 70 Millionen Bundesbürgern sollten eigentlich ein besonders hohes Gut sein; vor allem für die Politiker. Dem ist jedoch nicht so, da das gesamte Projekt an verschiedene privatwirtschaftliche Konzerne in einem Ausschreibungsverfahren vergeben wurde. Der Teufel namens Neoliberalismus läßt grüßen.
Federführend für das Projekt ist die Firma Gematik, eine GmbH deren Gesellschafter die Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens sind und die von der Bundesregierung beauftragt wurde. Gematik wiederum vergibt die Realisierung an zwei Firmen: Ernest & Young ist für die Realisierung des „Backends“, also der ganzen Softwarepakete für den Datenzugriff, zuständig und IBM für die Server Hardware. Wobei beide „Hand in Hand“ arbeiten. Somit liegt das ganze Projekt in den Händen von Organisationen der Gesundheitsindustrie und amerikanischen bzw. britischen Großkonzernen.
Ernest & Young dürften den meisten Bürgern aus den Schlagzeilen bekannt sein, denn Ernest & Young oder EY ist die Firma die Wirecard als Wirtschaftsprüfer die Seriosität bestätigt hat. Eigentlich sollte man davon ausgehen, daß eine Beteiligung am Wirecard-Skandal ein Ausschlußkriterium für ein solches Projekt ist. Dies ist jedoch offensichtlich nicht der Fall. Darüber hinaus ist EY von der Gesellschaftsform eine LTD., was in meinen Augen auch nicht gerade die Seriosität erhöht.
IBM braucht man keinem besonders vorzustellen. Wichtig ist jedoch deren Aktionärsstruktur. Die größten Anteilseigner sind mit Vanguard, Blackrock und verschiedenen anderen, die größten und gleichzeitig zwielichtigsten Akteure des globalen Finanzkapitals.
Warum diese Privatisierung einer Aufgabe, die „unbedingt und ohne jedes wenn und aber“ in den Händen des Staates bleiben MUSS?
Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, daß die Daten auf den Servern sicher seien, da sich die Server in Deutschland befinden. Das ist jedoch absoluter Blödsinn. Die Server befinden sich zwar in Deutschland, jedoch werden sie von IBM gehostet. Und IBM ist ein US-Konzern! Man muß hierzu wissen, daß alle US-Unternehmen weltweit gegenüber den amerikanischen Sicherheitsbehörden, und dazu zählen auch CIA und NSA, eine Herausgabepflicht aller Daten haben die sich in ihrem Besitz/Verwaltung befinden. Somit haben amerikanische Behörden Zugriff auf die Gesundheitsdaten der deutschen Bürger in der EPA. Gleichzeitig ist davon auszugehen daß ein englischer Konzern wie EY keine Bedenken haben wird mit den US-Behörden zu kooperieren.
In Sicherheitskreisen wird seit langem vor der fehlenden Sicherheit von Daten gewarnt, wenn sie in irgendeiner Weise bei amerikanischen Firmen gespeichert werden. Eine solche Vorgehensweise mit den wichtigsten Daten der Bundesbürger ist schlicht und einfach unseriös!
Darüber hinaus könnte es auch für deutsche Behörden ganz einfach werden diese Daten abzufragen und dazu zum Beispiel Profile zu erstellen. Welche Bürger haben welche Krankheiten, traten die auch bei ihren Verwandten auf? Und daraus den Rückschluß zu ziehen, rentiert sich eine Behandlung oder ist es für die Gemeinschaft kostengünstiger auf selbige Behandlung zu verzichten? Dies ist zwar eine Mutmaßung aber unmöglich ist nichts, wie die Geschichte zeigt. Darum sollte jeder der noch bei klarem Verstand ist, zur EPA seinen Widerspruch einlegen und gegen dieses zwielichtige Projekt des Gesundheitsministeriums auf die Straße gehen und dagegen demonstrieren. Denn es ist ein weiterer Schritt zur Abschaffung der Demokratie in diesem Land – durch die herrschende Klasse.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder!