Sendung 650 vom 11.07.2024
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Die einen haben Probleme über die Runden zu kommen und die anderen stoßen mit Champagner auf ihre Gewinne an:
Anfang vergangener Woche wurde über die aktuelle Inflationsrate berichtet. Ganz sachlich – mit Prozentzahlen, Quoten und Tabellen. Wenn dann noch die Rate insgesamt zurückgeht, schreibt sich die Schlagzeile von den sinkenden Preisen fast von allein.
Dabei schlüsselte das Statistische Bundesamt sehr genau auf, was jeder beim Supermarkteinkauf fühlt: „Alles teurer geworden!“ Im Schnitt wurden die Lebensmittelpreise in Deutschland zwischen Januar 2020 und Mai dieses Jahres um ein Drittel erhöht. Wer vor vier Jahren seinen Einkaufswagen für 100 Euro füllen konnte, zahlt jetzt über 30 Euro mehr. Gab eine vierköpfige Familie im Monat etwa 600 Euro für Lebensmittel aus, muss sie jetzt 780 Euro aufbringen. Im Jahr läppern sich fast 2.200 Euro zusätzlich zusammen. Hinzu kommt, dass gerade Grundnahrungsmittel mächtig im Preis angestiegen sind. Bei Mehl, Öle, Zucker oder Orangensaft zahlt man mehr als das Doppelte. Aber auch Reis, Nudeln, Kartoffeln, Käse und tiefgefrorenes Gemüse liegen über der durchschnittlichen Teuerung.
Die Lohnerhöhungen und Inflationsausgleichsprämien sind durch die ebenfalls stark gestiegenen Miet- und Energiepreise aufgefressen. Das heißt beim Einkaufen also sparen – etwa umsteigen auf die Eigenmarken der Lebensmittelhändler. Doch gerade da haben die Monopolisten im Lebensmittelhandel, Aldi, Rewe, Edeka und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland, besonders draufgeschlagen, wie Foodwatch schon im letzten Jahr berichtete. In den meisten Kühlschränken wird heute also weniger liegen als noch vor vier Jahren. Wenige konnten dafür ihre Geldspeicher ausbauen: Dieter Schwarz, Eigentümer von Lidl und Co., bringt es laut „Forbes-Magazin“ auf ein Vermögen von 38 Milliarden US-Dollar. Die drei Familien aus dem Aldi-Imperium kommen zusammen sogar auf 45,4 Milliarden Dollar.
Selbst einfachste Mittel zur Linderung der Armut gibt es in diesem Land nicht. In Spanien wurde beispielsweise wegen der Preisexplosion die Mehrwertsteuer auf Olivenöl ausgesetzt. Ein Wegfall der Mehrwertsteuer – und die gesetzliche Verpflichtung der Händler, dies an den Endverbraucher weiterzugeben – könnte auch in Deutschland dafür sorgen, dass einkommensschwache Haushalte am Ende des Monats noch Essen auf dem Tisch haben. Das wäre zumindest ein Anfang.
Doch für die deutsche Regierung zählt nur die Kriegstüchtigkeit. Und die Profite der Mächtigen.
Auf der anderen Seite macht so mancher Profit mit dem Krieg:
Der Rüstungskonzern Rheinmetall lässt an 167 Standorten in 33 Ländern Profite erarbeiten. Im Juni erhielt Rheinmetall den größten Auftrag der Firmengeschichte. 8,5 Milliarden Euro will die Bundesregierung für Artilleriemunition der Düsseldorfer Waffenschmiede zur Verfügung stellen. Dafür wurde der Rahmenvertrag mit dem Dax-Konzern von 1,3 Milliarden Euro um 7,2 Milliarden Euro erweitert. Gegenstand ist die Belieferung der Bundeswehr mit 155-mm-Geschossen. Die Munition hat eine Reichweite von 40 Kilometern, wird mit der Panzerhaubitze 2000 verschossen und kommt im Ukraine-Krieg zum Einsatz. Vor dem Ukraine-Krieg stellte das Unternehmen rund 70.000 Schuss Artilleriemunition jährlich her, 2025 sollen es 700.000 Schuss werden, 2027 1,1 Millionen Schuss. Dafür bekommt das Unternehmen 130 Millionen Euro Fördermittel aus der EU-Verordnung zur Förderung der Munitionsproduktion. Ein Fazit zog die „Welt“ am 24. Juni: „Die Munitionsproduktion gehört zu den Geschäftsfeldern mit den höchsten Renditen beim Düsseldorfer Rüstungskonzern.”
Anderswo gibt es absonderliche Projekte. Im März 2021 veröffentlichte der „Kölner Stadtanzeiger“: „Rheinmetall will Öko-Panzer bauen“. Der Zynismus und die Verkommenheit des kapitalistischen Systems zeigt die „grüne“ Rüstungsindustrie. Waffen und Waffensysteme sind niemals umweltfreundlich. Ihr Zweck ist die Zerstörung von Menschen, Wohnungen und Infrastruktur. In Kauf genommen wird als sogenannter „Kollateralschaden“ die Zerstörung von Umwelt und Klima.
Rheinmetall will seinen Schützenpanzer Lynx jetzt auch in der Ukraine bauen. Eine entsprechende Absichtserklärung ist in Berlin am Rande der Wiederaufbaukonferenz unterzeichnet worden. Nach Angaben eines Rheinmetall-Sprechers wird die Produktion vom Gemeinschaftsunternehmen „Rheinmetall Ukrainian Defense Industry“ übernommen. Rheinmetall hält daran 51 Prozent, 49 Prozent gehören dem ukrainischen Staatskonzern UDI. Bestandteil ist auch Ausbildung sowie Wartung und Instandsetzung.
Um sein mörderisches Produzieren reinzuwaschen, wird nicht nur mit Elektropanzern auf dem Schlachtfeld geworben. Ende Mai wurde bekanntgegeben, dass der deutsche Bundesligaklub Borussia Dortmund eine Sponsorenpartnerschaft mit dem Rüstungskonzern eingeht. Das Unternehmen wird Champions-League-Partner des BVB und die Werbung für den Rüstungskonzern auf den Banden im Westfalenstadion in Dortmund zu sehen sein. Im Gegenzug bekommt der BVB mehrere Millionen Euro.
Der fünftgrößte Fußballverein der Welt will dem Rüstungskonzern dazu verhelfen, sein Image zu polieren und sich in der Gesellschaft als anerkanntes Unternehmen zu etablieren. Das Paradebeispiel für dieses abscheuliche Sportswashing haben wir bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar erlebt. Fans von Borussia Dortmund haben beim Champions-League-Finale gegen Real Madrid mit Transparenten „Rheinmetall: Mit dem Fußball zum Saubermann-Image“ gegen den umstrittenen Deal ihres Clubs mit dem Rüstungskonzern protestiert. Rheinmetall wird auch den Eishockeyverein Düsseldorfer EG sponsern und als „Premiumpartner“ des Traditionsklubs bei dessen Heimspielen für sich werben.
Beides kann sich der Konzern locker leisten. Die über 30.000 Beschäftigten erarbeiteten den Aktionären ein operatives Ergebnis von fast einer Milliarde Euro. Durch die Aufträge der kriegsgeilen Regierungen wurde der Umsatz von 5,7 auf 7,2 Milliarden Euro in 2023 gesteigert. Das Unternehmen wurde am 20. März 2023 in den deutschen Leitindex DAX aufgenommen. Der Umsatz der gesamten Gruppe soll bereits im laufenden Jahr auf 28 bis 36 Milliarden Euro steigen, berichten die „VDI Nachrichten“. „Selbst wenn letztlich nur ein mittlerer Wert im angepeilten Korridor erreicht würde, entspräche das einer Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr von rund 60 Prozent.“
Es läuft so einiges verkehrt – um nicht zu sagen kriminell – in diesem Land. Und dagegen müssen wir unsere Stimme erheben, solange da noch geht.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.