Sendung 551 vom 08.07.2021
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Zum 80. Jahrestag nach dem Überfall auf die Sowjetunion schrieb Wladimir Putinüber seine Sicht auf Europas Geschichte und seine Vorstellung von einer gemeinsamen Zukunft. Wir zitieren heute auszugsweise hieraus.
Zuerst eine wichtige Passage über das Ende des kalten Krieges:
„Wir hofften, dass das Ende des Kalten Krieges einen Sieg für ganz Europa bedeuten würde. Nicht mehr lange, so schien es, und Charles de Gaulles’ Traum vom geeinten Kontinent würde Wirklichkeit werden, und das weniger geografisch vom Atlantik bis hin zum Ural als vielmehr kulturell und zivilisatorisch von Lissabon bis Wladiwostok.
Gerade in diesem Sinne – in der Logik der Gestaltung eines Großen Europas, das durch gemeinsame Werte und Interessen zusammengehalten würde – wollte Russland seine Beziehungen zu den Europäern aufbauen. Sowohl wir als auch die Europäische Union konnten auf diesem Wege viel erreichen.
Es setzte sich jedoch ein anderer Ansatz durch. Diesem lag die Erweiterung der Nordatlantischen Allianz zugrunde, die selbst ein Relikt des Kalten Krieges war. Denn geschaffen war sie ja zur Konfrontation aus der damaligen Zeit heraus.
Die Grundursache des zunehmenden gegenseitigen Misstrauens in Europa lag im Vorrücken des Militärbündnisses gen Osten, das im Übrigen damit begann, dass die sowjetische Führung de facto überredet wurde, dem Nato-Beitritt des geeinten Deutschlands zuzustimmen. Die damaligen mündlichen Zusagen nach dem Motto „Das ist nicht gegen euch gerichtet“ oder „Die Blockgrenzen werden nicht an euch heranrücken“ wurden nur allzu schnell vergessen. Der Präzedenzfall wurde geschaffen.
So rollten seit 1999 fünf weitere „Wellen“ der Nato-Erweiterung. 14 weitere Staaten traten dem Bündnis bei, darunter ehemalige Sowjetrepubliken, was alle Hoffnungen auf einen Kontinent ohne Trennlinien de facto zunichtemachte. Davor gewarnt hatte im Übrigen einer der SPD-Spitzenpolitiker, Egon Bahr, der Mitte der Achtzigerjahre eine radikale Umgestaltung des gesamten europäischen Sicherheitsgefüges nach der deutschen Einheit vorschlug. Unter Beteiligung sowohl der UdSSR als auch der USA. Doch weder in der UdSSR noch in den USA oder in Europa wollte man auf ihn hören.“
Und weiter: „Mehr noch, viele Länder wurden vor eine künstliche Wahl gestellt – entweder mit dem kollektiven Westen oder mit Russland zusammenzugehen. De facto war dies ein Ultimatum.“ „Europa unterstützte aktiv den bewaffneten verfassungswidrigen Staatsstreich in der Ukraine. Damit hat alles begonnen. Wozu war das nötig? Der damals amtierende Präsident Viktor Janukowitsch hatte ja bereits alle Forderungen der Opposition akzeptiert. Warum organisierten die USA diesen Staatsstreich und unterstützten die EU-Staaten ihn willenlos und provozierten somit die Spaltung innerhalb der Ukraine und den Austritt der Krim aus dem ukrainischen Staat?“
Er fährt weiter fort: „Das gesamte europäische Sicherheitssystem ist derzeit in einem desolaten Zustand. Spannungen nehmen zu, das Risiko eines neuen Wettrüstens ist greifbar. Wir lassen uns enorme Möglichkeiten entgehen, die uns die Kooperation bietet. Diese ist heute umso wichtiger, da wir uns alle mit den gemeinsamen Herausforderungen der Pandemie und deren äußerst schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen konfrontiert sehen. Warum passiert das? Und vor allem: Welche Schlussfolgerungen müssen wir gemeinsam ziehen?„
„Wir sind offen für ein faires und kreatives Zusammenwirken. …Ich möchte noch einmal betonen: Russland plädiert für die Wiederherstellung einer umfassenden Partnerschaft zu Europa. Es gibt viele Themen von gemeinsamem Interesse: Sicherheit und strategische Stabilität, Gesundheit und Bildung, Digitalisierung, Energiewirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Technologie, Lösungen für Klima- und Umweltprobleme.
Die Welt entwickelt sich dynamisch weiter und wird mit immer neuen Herausforderungen und Bedrohungen konfrontiert. Und wir können es uns einfach nicht leisten, die Last früherer Missverständnisse, Kränkungen, Konflikte und Fehler mit uns herumzuschleppen. Eine Last, die uns an der Lösung aktueller Probleme hindert. Wir sind überzeugt, dass wir alle diese Fehler einzuräumen und zu korrigieren haben. Unser gemeinsames und unstrittiges Ziel ist es, die Sicherheit des Kontinents ohne Trennlinien und einen einheitlichen Raum für eine gleichberechtigte Kooperation und kollektive Entwicklung im Sinne der Prosperität Europas und der ganzen Welt sicherzustellen.“ Soweit unsere auszugsweisen Zitate.
Stellt sich die Frage der fehlenden medialen Berichterstattung hierüber sowie die der fehlenden Reaktionen unserer Politiker. Kann es sein, daß von westlicher Seite keine Annäherung gewollt ist, sondern eine westlich-neoliberal-imperialistische Assimilation?
Während da wo es dem Westen nutzt auf die Menschenrechte gepocht wird, schaut man an ander Stelle gerne weg, zum Eigennutzen. So veröffentlichte die gemeinnützige Seenotrettungsorganisation Seewatch am 1. Juli ein kurzes Video, indem die libysche „Küstenwache“, ausgerüstet von europäischen Regierungen, auf Geflüchtete schießt und ihr Boot fast zum Kentern bringt:
Das ist Krieg gegen Menschen auf der Flucht. Die Drecksarbeit überlässt die EU anderen, doch die Verantwortung trägt Europa. Laut Frontex-Verordnung ist die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache verpflichtet, zum Schutz der Menschenrechte an den EU-Außengrenzen aktiv zu werden. Tatsächlich finden aber dort täglich völkerrechtswidrige Abschiebungen von Geflüchteten mitten auf dem Mittelmeer statt: wenn etwa die griechische Küstenwache, von Frontex mit Drohnen logistisch begleitet und beobachtet, Boote in türkische Gewässer abdrängt. Die Agentur könnte anweisen, solche sogenannten Pushbacks abzubrechen, tut es aber nicht. Im Gegenteil, es scheint als i.st sie komplett außer Kontrolle – durch die Politik gewollt
Wo sind hier die hohen europäischen Werte der Menschenrechte, auf deren Einhaltung allenthalben gepocht wird, gerade in Bezug auf Russland? Kann es sein, daß diese (für die europäische Politik) nur bei einigen wenigen gelten? Nämlich bei denen die Europa nutzen, von Vorteil sind und ihr bei ihrer aggressiven Expansionspolitik helfen?
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder!