Sendung 506 vom 23.04.2020
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Am vergangenen Sonntag bestand die 12 minütige Sendezeit der Heute Nachrichten aus nichts anderem als der Berichterstattung über Corona, größtenteils was Deutschland betrifft. Doch die Welt dreht sich weiter und überall auf ihr gibt es Ereignisse und geschehen. Doch das wird von den Medien verschwiegen. So auch die dramatischen Vorgänge rund um Flüchtlinge, die über das Mittelmeer versuchen Europa zu erreichen.
Zwölf Tage lang hat das Rettungsschiff Alan Kurdi mit 150 Flüchtlingen an Bord erfolglos darauf gewartet, einen europäischen Hafen anlaufen zu dürfen. In einem zynischen Akt hatten Malta und Italien die eigenen Häfen wegen der Covid-19-Pandemie für unsicher erklärt. Erst am Freitag vergangener Woche wurden die Flüchtlinge und die Besatzung des deutschen Rettungsschiffes auf eine italienische Fähre verlegt, wo sie auf Corona getestet werden und vierzehn Tage in Quarantäne verbringen müssen.
Die Folgen dieser Politik sind dramatisch. Auf der Alan Kurdi hatte ein Flüchtling versucht, sich das Leben zu nehmen. Auf einem Schlauchboot mit 63 Flüchtlingen an Bord sind zwölf ertrunken und verdurstet, weil ihnen tagelang jede Seenotrettung verweigert wurde.
In der Woche vor Ostern waren infolge des besseren Wetters und der sich verschlechternden Situation in den libyschen Flüchtlings- und Internierungslagern nach Informationen der Hilfsorganisation Alarmphone mehr als 2000 Flüchtlinge auf rund 20 Booten Richtung Europa aufgebrochen, zehn Boote forderten Hilfe an.
Die Mittelmeeranrainerstaaten haben jede Hilfeleistung für in Seenot geratene Flüchtlinge eingestellt. Sie werden dabei auch von der deutschen Bundesregierung unterstützt. Das von Horst Seehofer geleitete Bundesinnenministerium forderte alle Flüchtlingshilfsorganisationen im Mittelmeer auf, die Seenotrettung einzustellen: „Angesichts der aktuellen schwierigen Lage appellieren wir deshalb an Sie, derzeit keine Fahrten aufzunehmen und bereits in See gegangene Schiffe zurückzurufen“, schrieb der Abteilungsleiter Migration im Bundesinnenministerium unter anderem an Sea-Eye.
Der Vorsitzende von Sea-Eye, Gorden Isler, erklärte in der Süddeutschen Zeitung dazu: „Das sind dieselben Politiker, die seit Wochen betonen, dass die Menschen in der Corona-Krise alle freiheitlichen Einschränkungen hinnehmen müssen, weil es darum gehe, Leben zu retten – und jedes einzelne Leben sei kostbar. Auf der anderen Seite sagen sie, wir sollen die Rettungsarbeit einstellen? Das kommt der Aufforderung gleich, Menschen sterben zu lassen.“
Doch genau das ist offensichtlich das Ziel der europäischen Regierungen. Der Alan Kurdi wurde zunächst dringend benötigtes Trinkwasser, Nahrung und Treibstoff verweigert. Am Sonntag dem 12. April wurde der Besatzung versprochen, dass ein italienisches Quarantäneschiff die geretteten Flüchtlinge innerhalb weniger Stunden aufnehmen werde. Doch erst fünf Tage später stach das Schiff in See.
Das gleiche Schicksal wie die Alan Kurdi erleidet derzeit die unter spanischer Flagge fahrende Atai Mari, die 43 Flüchtlinge an Bord hat und nun ebenfalls keinen Hafen ansteuern darf.
Doch die Behörden verweigern nicht nur den Rettungsschiffen die Einfahrt in die Häfen, sie haben auch die Seenotrettung praktisch komplett eingestellt, mit schrecklichen Konsequenzen für die Flüchtlinge.
Die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie erschwert die Lage der Flüchtlinge zusätzlich. Viele internationale Hilfsorganisationen haben sich aus Libyen zurückgezogen. Flüchtlinge berichten davon, dass die Versorgung mit Nahrung und Trinkwasser für sie zusammengebrochen ist.
In dieser Situation die Seenotrettung einzustellen ist ein Verbrechen und der Versuch, diese Menschen in den sicheren Tod zu schicken. Maltesische Militärs sollen sogar gezielt versucht haben, Migranten zu töten. Die 70 Flüchtlinge an Bord eines Schlauchbootes berichteten, dass das maltesische Marineschnellboot P52 bei den Schiffbrüchigen gestoppt habe, aber nur, um die Kabel des Motors zu durchschneiden und mit den Worten, „Wir lassen Euch hier sterben. Keiner von Euch wird nach Malta gelangen“, wieder zu verschwinden. Erst Stunden später seien sie doch noch gerettet und nach Valletta gebracht worden.
„Die Situation in diesen Tagen ist die schlimmste, die ich in all den Jahren erlebt habe“, sagte die Alarmphone-Mitarbeiterin Britta Rabe im Gespräch mit der Tageszeitung Die Welt: „Die Küstenwachen in Italien, Malta und Libyen retten nicht mehr. Niemand, der in Seenot gerät, erhält Hilfe.“
Die Covid-19-Pandemie wird so zur billigen Ausrede, die Hilfe für Flüchtlinge einzustellen und das Grundrecht auf Asyl in der Europäischen Union abzuschaffen. Der Vorsitzende der Rettungsorganisation Sea-Eye erklärt ganz richtig: „Es ist nicht zu akzeptieren, dass für die Industrie milliardenschwere Rettungspakete bereit gestellt werden, aber zur gleichen Zeit behauptet wird, dass es keine Ressourcen gibt, um Migranten zu schützen. Europa hat eine Situation heraufbeschworen, in der humanitäre Katastrophen gegeneinander ausgespielt werden.“
Während sich die Covid-19-Pandemie weiterhin über den ganzen Planeten ausbreitet und enorme menschliche Leiden und Verluste verursacht, bestätigt sie auf tragische Weise die Existenz zweier unterschiedlicher Ansätze: der eine besteht darauf, Profite und die Auferlegung einer umfassenden Kontrolle über die öffentliche Gesundheit und das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung zu stellen; der andere stellt die Menschen, ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen über alle anderen Interessen.
Inmitten der Covid-19-Pandemie werden die Völker auf verschiedenen Kontinenten Zeugen des Internationalismus und der Solidarität, die Kuba zeigt, wenn es auf Hilfsgesuche reagiert, indem es medizinische Teams in zig Länder entsendet. Diese humanistische Reaktion ist die Fortsetzung einer jahrzehntelangen uneigennützigen Praxis, in deren Rahmen kubanische Ärzte und Ärztinnen sowie Krankenpfleger/innen von Naturkatastrophen oder Epidemien heimgesuchten Ländern zu Hilfe kamen.
Während das Wort „Solidarität“ von verschiedenen Seiten als der notwendige Ansatz für den ganzen Planeten zur Bekämpfung der Pandemie widerhallt, haben sich die USA dafür entschieden, die illegale Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die Kuba auferlegt wurde, weiter zu verschärfen. In diesen kritischen Zeiten, in denen Menschenleben auf dem Spiel stehen, verhindern die USA, indem sie die Extraterritorialitätsklausel des Helms-Burton-Gesetzes anwenden, dass Personenschutzausrüstungen, Beatmungsgeräte und Testmaterialien von Kuba erworben werden oder dorthin gelangen können. Dies ist eine besonders schreckliche Manifestation der kriminellen 60-jährigen Blockade und ihrer Folgen für das Leben und die wirtschaftliche Entwicklung Kubas und seiner Bevölkerung.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.