Sendung 446 vom 02.08.2018
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Wenn es um die Behandlung von Krebs geht, so wird immer gerne darauf hingewiesen, welche Fortschritte und Erfolge „in der letzten Zeit“ gemacht wurden. Dies ist in vielen Einzelfällen und bei einzelnen Krebsarten zum Glück richtig. Schaut man aber einmal genauer hin, so ergibt sich ein anderes Bild.
Betrachtet man die Zeit seit den 60’ziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, so hat sich an den Behandlungsmethoden nur wenig geändert: Operation, Chemotherapie und Bestrahlung dominieren in der überwiegenden Zahl der Fälle. So gesehen werden Krebspatienten heute noch genauso behandelt, wie vor 50 Jahren.
Die Anzahl der Todesfälle pro Jahr ist grob gerechnet auch ungefähr gleich geblieben: bei rund 200.000 pro Jahr.
Die Erfolge, die es heute bei der Krebsbehandlung (im Gegensatz zu früher) gibt, sind auf Teilbereiche beschränkt. Die beiden größten (und wirklichen) Erfolge sind die Knochenmarktransplantation seit 1969 und die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs, seit 2006.
Die meisten anderen Erfolge sind in der Regel neue Krebsmedikamente zur Chemotherapie.
Eines haben alle Therapieformen gemeinsam: Ihre Anwendung ist mit sehr hohen Kosten verbunden. Natürlich ist jeder einzelne gerettete Patient die Kosten wert! Trotzdem lohnt es sich, einmal näher darauf zu schauen, wohin die ausgegebenen Gelder fließen und wer einen Profit daraus zieht!
Weltweit gesehen fallen nur 19 Prozent der Behandlungskosten auf den stationären Bereich. Der größte Kostentreiber liegt in den Kosten für Krebsmedikamente. Die Ausgaben der GKV (gesetzliche Krankenversicherung) für Onkologika im ambulanten Bereich beliefen sich in den Jahren 2011 bis 2014 auf 2,9 bis 3,4 Mrd. Euro. Dies waren stets zwischen 10,1 % und 11,2 % der gesamten GKV-Ausgaben für Medikamente, die sich jedoch 2014 auf sage und schreibe 31,7 Mrd. Euro summierten. So sind die Kosten für Krebsmedikamente von 2005 bis 2013 um das 35-Fache gestiegen.
Genaue Zahlen über die weltweiten Kosten für Krebsmedikamente (Onkologika) sind nicht zu finden. Es dürfte aber jedem Zuschauer klar geworden sein, um was für einen hunderte Milliardenmarkt es geht, der im Prinzip auf eine Hand voll Pharmakonzerne verteilt ist.
Es gibt den alten Witz darüber einen Automotor zu erfinden, der mit Wasser angetrieben wird. Spinnen wir den einmal weiter:
Stellen wir uns einmal vor, es wird eine Therapie gefunden, die jede Form von Krebs innerhalb einer Woche heilt, zuverlässig und zu den Kosten der Behandlung eines grippalen Infektes. Hurra sagen sie? Wir stimmen ihnen selbstverständlich zu. Aber was würde auf der anderen Seite passieren.
Bei den Krebsprofiteuren, wie der Pharmaindustrie würde ein hunderte-Milliardenmarkt wegbrechen. Und ähnlich wie bei der deutschen Autoindustrie würde die herrschende Klasse auch hier schützend ihre Hand darüber halten. Wenn sie es nicht sogar schon tut, dass kann zum jetzigen Zeitpunkt keiner genau sagen.
Auch wenn das zuvor gesagte Fiktion ist, steht doch im Grunde fest, dass es gar kein Interesse daran gibt Krebs zu heilen!
Die einfache und unkomplizierte Heilung von Krebs wäre zwar eine der größten humanitären Errungenschaften überhaupt, aber eine wirtschaftliche Katastrophe. Also behält man lieber den wirtschaftlich hoch profitablen Status Quo bei und geht weiter den Weg der ganz kleinen Schritte um nicht zugeben zu müssen, man täte überhaupt nichts.
Was sind schon ein paar hunderttausend Menschenleben gegenüber Gewinnmargen der Industrie und dem Börsenwert der Daxkonzerne?
Dass es im Kapitalismus und vor allem im Neoliberalismus nur um den Profit geht mag eine Binsenweisheit sein, ein Beispiel aus dem Arzneimittelmarkt soll das vorher gesagte zusätzlich untermauern.
Der Schweizer Pharmakonzern Roche stellt seit 20 Jahren ein Medikament her, mit dem sich auch Multiple Sklerose behandeln lässt. Es hat zwar dafür keine Zulassung, die Verwendung dafür ist Ärzten aber erlaubt gewesen. Behandlungskosten pro Jahr 3000 €.
Nun kommt der Trick: Roche verändert den alten Wirkstoff leicht, meldet ihn als MS-Medikament an und lässt ihn sich patentieren. Damit hat das alte Medikament automatisch keine Erlaubnis zur MS-Behandlung mehr, da es ja ein neues gibt. Einziges Problem an der ganzen Geschichte: Die Behandlungskosten tun sich mehr als verzehnfachen, auf jährlich 33000 €!
Das ist alles ganz legal, da Pharmakonzerne für neue Medikamente den Verkaufspreis im ersten Jahr frei bestimmen können, ohne jede Regelung. Erst im zweiten Jahr können die Krankenkassen über den Preis verhandeln, im ersten heißt es schlicht und einfach zahlen.
Wer jetzt aber (zurückkehrend zum Krebsbeispiel) sagt „Ja die Wissenschaftler forschen doch aber“ dem sei eins gesagt: Natürlich forschen die Wissenschaftler, aber Forschung kostet Geld und das kommt zum überwiegenden Teil von der Wirtschaft. Rüstungskonzerne zahlen für militärische Forschung, sogar an Universitäten; was die Friedensbewegung seit langem kritisiert, und die Pharmaindustrie zahlt eben für Pharmaforschung! So kann man für die betroffenen Wissenschaftler den alten Spruch zitieren: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ was aber im Englischen viel treffender gesagt wird, nämlich „He who has the gold makes the rules“. Anders wäre es, wenn die Forschung generell vom Staat bezahlt würde. Nur dann wäre sie frei, so aber nicht! Denn Momentan richtet sich auch die Forschung nur nach dem Maximalprofit einiger weniger.
So lange dieses kapitalistisch / neoliberale System existiert braucht sich niemand die geringste Hoffnung auf Menschlichkeit oder auch die geringsten Ansätze von sozialer Gerechtigkeit zu machen. Dazu bräuchte es einen Wechsel des Systems. Für den muss sich aber jeder einzelne von uns einsetzen, denn er kommt garantiert nicht „vom Himmel gefallen“.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.