Sendung 382 vom 12.05.2016
Liebe Zuschauerinnen und liebe Zuschauer!
Wir begrüßen Sie zu unserer heutigen Sendung „Um Tacheles zu reden“, um die Demokratieverweigerung des etablierten Establishments anzuzeigen. Wir ringen um die Demokratie und gegen antisoziale Machtinteressen und werden zu den Macht- und Gewaltverweigerern, wenn hie und da, völkisch-national oder humanterroristisch im Gewand von heilversprechenden Protestwandlern und Weltpolitzisten gegen Menschen und die Selbstverständlichkeit ihrer Rechte innenpolitisch wie auch außenpolitisch vorgegangen wird, wie in folgendem Beispiel:
Ein Verdi-Sekretär, der am 30. April in Stuttgart gegen den AfD-Parteitag protestierte, schildert seine Verhaftung wie folgt:
„Gleich zu Beginn der Festnahme wurden mir die Arme verdreht und mir wurde in den Bauch geschlagen. Danach hat mir ein Polizist gesagt, dass er mir die Zähne einschlägt, wenn ich mich nicht benehme. Mir wurden die Hände mit einem Kabelbinder auf dem Rücken zusammengebunden und abgeschnürt. Der Kabelbinder wurde erst nach vier Stunden wieder gelöst.“
Wie es zur Verhaftung kam, ist ein Zeitfenster, das noch ein weiteres einleuchtendes Licht auf die zumindest nicht unter Demokratie zu verstehender Vorgehensweise der Polizei aufwirft. Denn wie so oft bei Demonstrationen wurden auch dieses mal wieder Demonstranten von der Polizei eingekesselt und somit ihres Verfassungsrechts auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit beraubt.
Friedliche Protestler gegen den Reichsparteitag der AfD wurden von der Polizei eingekesselt und jeder Mensch in diesem Kessel wurde verhaftet. Man muss sich das einmal vorstellen: Laut Augenzeugen wurden 400 Menschen einfach so, ohne Begründung festgenommen und wie Vieh in Busse geprügelt. Insgesamt wurden knapp 600 Personen festgenommen und antifaschistische Organisationen sprachen von einer „katastrophalen Versorgungslage ohne Trinken und ohne ärztliche Behandlung“.
Vergleicht man diese Version mit der von den „Stuttgarter Nachrichten“, wird einem schwindelig von Zweifeln: „Mehr als 400 andere landeten freilich woanders: In der Gefangenensammelstelle der Polizei, die eine solche in einer der Messehallen eingerichtet hatte. Überhaupt erwies sich die Messe für die Polizei als strategisch ideal. In diversen Hallen wurden Verpflegungssäle, Lazarette, Gefangenencontainer und mobile Büros für Bereitschaftsstaatsanwälte und Richter eingerichtet – auch die große Zahl von Polizeifahrzeugen kam bequem unter. In der Landesmesse findet schließlich auch eine CMT, Caravan, Motor und Touristik, Platz“. (Proteste gegen AfD-Parteitag in Stuttgart Feuerwerk zwingt AfDler zum Spießrutenlauf, von Wolf-Dieter Obst und Knut Krohn 30. April 2016 – 14:05 Uhr)
Heißt es nicht im Grundgesetzt „Alle Gewalt geht vom Volke aus“? Vielleich sollte man dies in „Alle Gewalt geht vom Staate aus“ ändern.
Wie kann es sein, das 71 Jahre nach der Befreiung vom Naziregime und dem Holocaust faschistische Parteien und Gruppierungen in Deutschland wieder ihr Unwesen treiben, vom Staat geschützt werden und von einer staatlich gelenkten Propagandamaschinerie ins „rechte“ Licht gerückt werden, während jeder Protest dagegen massiv unterbunden oder behindert wird. Wohin steuert Deutschland?
Das zeigt sich auch an anderen Reaktionen der letzten Tage:
Hamburgs erster Bürgermeister und SPD-Rechtsaußen Olaf Scholz meldete sich in Sachen AfD, Freitag vergangener Woche, zu Wort. In einem sogenannten „Strategiepapier“ äußert er sich wie folgt: „Wir sollten die AfD nicht dämonisieren. Solange die AfD nur rechtspopulistisch ist, sollten wir sie nicht als Nazis bezeichnen. Das macht uns unglaubwürdig“, schreibt Scholz in dem Papier. Das solle die Sozialdemokraten aber nicht davon abhalten, „offen rechtsextreme Positionen oder Personen in der AfD klar anzuprangern“, so Scholz weiter. Wieso wundert sich die SPD eigentlich darüber, dass sie keiner mehr wählt? Wenn sogenannte Sozialdemokraten eine offen rechtsextreme Partei als „nur rechtspopulistisch“ bezeichnen, ist jedes Prozent an den verbliebenen zwanzig noch zu viel! Scholz empfiehlt weiter „die AfD in die thematische Auseinandersetzung zu zwingen“. Ist Herrn Scholz eigentlich klar, dass er diese Faschisten damit hoffähig macht? Sollte hier nicht eher die Frage aufkommen, ob Bürgermeister Scholz wirklich so einfältig ist, oder ob Absicht dahintersteckt!
Und die Medien? Hier kann man nur fragen, wo die neutrale Berichterstattung geblieben ist. Die Linkspartei hat mehr als ein Jahrzehnt – und zahlreiche Bundes- und Landtagsmandate – gebraucht bis ihre Parteitage wenigstens erwähnt wurden. Die DKP wird komplett ignoriert (als gäbe es sie garnicht), obwohl in zahlreichen Kommunalparlamenten und vereinzelt auch in Landtagen vertreten. Aber vom Parteitag der AfD-Rassisten, sprich: Faschisten, wird auf Phoenix life berichtet. Ist das unabhängige Berichterstattung, oder nicht eher das Hofieren von Hitlers Nachfolgern?
Wieso bekommt eine rechtsextreme Partei in Deutschland eine solche Bühne und eine solche Aufmerksamkeit? Da die nicht jeder bekommt und viele einfach totgeschwiegen werden, kann man wohl zu recht davon sprechen, dass die Willkür der neoliberalen Politik gedeiht, auf dem Sumpf einer AfD und bewirkt deren Opfer. Und wenn es so ist – wovon wir ausgehen -, dann haben die öffentlich-rechtlichen Medien auch in diesem Fall ihre Unabhängigkeit eingebüßt. So wie die Berichterstattung in der Ukraine einseitig war, muss hier die Frage gestellt werden, ob es hier nicht nur darum geht, eine selbst ernannte Patrioten-Partei gesellschaftsfähig zu machen und in der öffentlichen Wahrnehmung zu etablieren. Denn sogar die falschesten Thesen, Versionen und Perversionen verschaffen sich mit der Zeit gesellschaftliche Akzeptanz, wenn sie beharrlich genug und wiederholt in die Welt gesetzt und verteidigt werden. Sie ist eine arg subtile Methode, sich schleichend über die allen bekannten Rechte hinwegzusetzen versuchen. Auch hier fällt der Apfel(AfD) nicht weit von dem neoliberalen Baum.
Ein anderes Ereigniss in dieser Woche passt hierzu: So hat die Opposition im Bundestag keinen Anspruch auf mehr Rechte. Das gilt auch, wenn sie – wie im Moment – nur wenige Abgeordnete stellt, entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag vergangener Woche in Karlsruhe. Es wies damit Forderungen der Linkspartei nach einer Grundgesetzänderung zurück. Deren Fraktion sah sich benachteiligt, weil ihr etwa die Möglichkeit verwehrt sei, ein Gesetz vom Verfassungsgericht in einem Normenkontrollverfahren überprüfen zu lassen. Dafür wären 25 Prozent der Abgeordneten nötig. Im Bundestag stellen die beiden Oppositionsfraktionen von Grünen und Linken derzeit aber nur 127 der 630 Abgeordneten gegen das Merkel/Gabriel-Regime – also rund 20 Prozent.
Die Begründung des Bundesverfassungsgerichtes erinnert den Laien etwas an Klimmzüge von Winkeladvokaten. Fest steht eines: Zwei Parteien können mit einer 80%-Mehrheit im Bundestag tun und lassen, was sie wollen und das Restoppositiönchen ist auf Goodwill-Entscheidungen des 80% Regimes angewiesen. So sieht keine Demokratie aus, sondern eine sich allmählich verankernde Diktatur; auch wenn Sie augenscheinlich aus mehreren Parteien besteht.
Dazu kommen dann auch die Etablierungsversuche, die eine NPD und AfD an die Macht verhelfen, die unterschwellig legitimierte „wohlwollende“ Überwachung, die noch ungeklärte NSU-Morde und deren BND-Anteile, die Abschottungspolitik der Bundesregierung gegen Flüchtlinge, die Unterstützung für den Türkischen Präsidenten Erdogan, das nicht öffentlich/geheime Verhandeln zu TTIP und das damit verbundene Verbot einer jeden Volksabstimmung darüber, die weltweiten imperialen Kriege Deutschlands und das Zulassen der Stationierung von Atombomben in Deutschland mit ihrem damit verbundenen Einsatz durch deutsche Piloten und Tornadoflugzeuge und nicht zuletzt die Mitwirkung an US-Amerikanischem Völkermord durch deren Drohneneinsätze, die von US-Basen in Deutschland aus durchgeführt werden.
Was auch immer Deutschland sein mag, eine Demokratie ist in unseren Augen etwas anderes.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder!