Sendung 369 vom 10.12.2015
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Am vergangenen Wochenende fand in der Universität Kassel der 22. Friedensratschlag statt. Der neue Kriegseinsatz des Merkel-Gabriel-Regimes in Syrien führte zu einem absoluten Rekord der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, von mehr als 400, an dieser Veranstaltung der Friedensbewegung. Dies zeigt das hohe Interesse der Bevölkerung daran, sich für den Frieden einzusetzen und gleichzeitig ihre unverändert hohe Ablehnung von den Kriegs- und Mordeinsätzen der Bundeswehr und anderer Militärs.
Der Friedenspolitische Ratschlag stand im Zeichen des am Freitag zuvor vom Bundestag in Lichtgeschwindigkeit beschlossenen Eintritts der Bundeswehr in den Krieg in Syrien. „Krieg als Mittel gegen den IS verschlimmert die Lage vor Ort und birgt die Gefahr, dass terroristische Angriffe sich ausbreiten“, sagte Anne Rieger, Ko-Sprecherin des Bundesausschusses Friedensratschlag, zur Eröffnung. Ihr „Wir sagen Nein! Keine deutsche Kriegsbeteiligung!“ fand verständlicher Weise sehr starken Zuspruch unter den diesmal über 400 Teilnehmern. Peter Strutynski, im September leider viel zu früh verstorbener Gründer, Inspirator und Organisator der Ratschläge, hätte seine wahre Freude gehabt am voll besetzten Saal. Zu seiner Ehrung erhoben sich die Anwesenden zu einer Gedenkminute. Der Ratschlag, der sich immer als Ideengeber für friedenspolitische Aktionen verstand, bot auch diesmal wieder ein reichhaltiges Spektrum von Themenfeldern an, die in fünf Plenarvorträgen und 32 Workshops analysiert und diskutiert wurden.
Norman Paech, emeritierter Professor für Verfassungs- und Völkerrecht, setzte sich mit dem „Glanz und Elend der UNO“ auseinander. Von Beginn an sei das Völkerrecht im Syrienkrieg „völlig beiseite“ gelassen worden, sagte er. Dieser „völkerrechtswidrige Krieg“ in Syrien sei jedoch nicht Schuld der UNO, sondern die der Staaten. Die UNO sei alternativlos. Oder solle man die Aufgaben an NATO und EU abgeben, fragte er – um sogleich mit einem klaren Nein zu antworten. Paech referierte seine just am Vortag für die Linksfraktion fertiggestellte Analyse des deutschen Einsatzes im Syrienkrieg. Die Begründungen der Bundesregierung für den Kriegseintritt seien „vollkommen falsch“, so der Verfassungsrechtler. Der UN-Sicherheitsrat habe lediglich nichtmilitärische Maßnahmen nach Artikel 41, nicht jedoch militärische Maßnahmen nach Artikel 42 der UN-Charta erlaubt. Der Bundeswehreinsatz in Syrien sei „verfassungsrechtlich widrig“.
Aus dem Vortrag der freien Journalistin Karin Leukefeld, seit 15 Jahren Nahost-Korrespondentin auch für die junge Welt, ist hervorzuheben, dass sie Hoffnung in Syrien wahrnimmt. Es gebe Dinge, die man hier nicht höre, sagte sie. So gebe es örtliche Versöhnungskomitees in Syrien, die bereits 40 lokale Waffenstillstände ausgehandelt hätten. Leukefeld gibt einen UN-Vertreter in Syrien mit der Einschätzung wieder, dass, wenn die Syrer selber miteinander verhandeln könnten, sie binnen sechs Monaten zu einer Einigung finden würden. Die ausländische Einmischung hindere sie jedoch daran. Als konkreten Schritt empfahl Leukefeld, dass die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen zu Damaskus aufnehmen solle, denn schließlich sei der Vertreter der syrischen Regierung auch der anerkannte Vertreter in der UNO. Sie forderte die Aufhebung der EU-Wirtschaftssanktionen, denn davon sei nur einseitig die syrische Regierung betroffen; die Öl-Sanktionen gegenüber der syrischen Opposition seien aufgehoben.
Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, referierte über die innergewerkschaftliche Debatte zur Konversion und Diversifikation von Rüstungsproduktion, die einen Aufschwung nehme. Es sei „Druck im Kessel bei der Friedenspolitik“. Er erfreute das Plenum mit der Feststellung: „Die IG Metall war und ist Teil der Friedensbewegung“. Der Export von Kriegsgerät müsse eingeschränkt werden, so der IG-Metaller. Zwar sei der Kriegswaffenexport „volkswirtschaftlich an der Grenze zur Irrelevanz“, aber aus der Rüstungsproduktion von jetzt auf gleich auszusteigen, sei unrealistisch. Zitzelsberger sprach sich dafür aus, den Rüstungsexport zunächst auf NATO- und EU-Staaten zu beschränken und vor allem die Kleinwaffenausfuhr zu stoppen. Konversion und Diversifikation in Mischkonzernen umzusetzen, sei leichter als in reinen Rüstungskonzernen. So lehne der Betriebsrat von Heckler & Koch ein Gespräch mit ihm über die Frage bisher ab.
Weiterhin wurde im Rahmen der beiden Veranstaltungstage auch die diesjährige Weihnachtsanzeige des Bundesausschuss Friedensratschlag vorgestellt, die diesmal den folgenden Text enthält:
Schluss mit Krieg und Terror
Am 4.12.2015 hat der Bundestag die Beteiligung am Krieg in Syrien beschlossen. Damit werden alle Erfahrungen missachtet, die seit dem 11.9.2001 mit dem „Krieg gegen den Terror“ gemacht worden sind. Dieser Krieg ist Terror und er fördert den Terror. Der deutsche Einsatz verstößt gegen Grundgesetz und Völkerrecht. Er zwingt noch mehr Menschen aus den Kriegsgebieten zur Flucht. Er wird weitere Gelder sinnvollen sozialen Aufgaben vorenthalten. Er verstärkt die Gefahr von Terroranschlägen auch in unserem Land.
Wir fordern von der Bundesregierung:
– Respektierung von Grundgesetz und Völkerrecht
– keine Beteiligung der Bundeswehr am sogenannten „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan, Syrien, Irak und Mali
– Stopp aller Waffenexporte, insbesondere in den Nahen Osten
– keine Kollaboration mit den diktatorischen Regimes, die den „IS“ fördern
Dafür wollen wir arbeiten, überzeugen und streiten um gesellschaftliche Mehrheiten zu gewinnen.
Konflikte friedlich lösen
Wer sich an der Anzeige beteiligen will findet hierzu unter den eingeblendeten Internetadressen weitere Informationen.
Wir machen nach dieser Sendung bis Januar Weihnachtsurlaub und melden uns am 14. Januar mit der Folge 370 wieder zurück.
Wir wünschen Ihnen eine schöne Vorweihnachtszeit, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!