Sendung 299 vom 07.11.2013
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Was macht man, wenn man noch nicht einmal ein Gesicht hat, das man wahren könnte? Man lenkt ab, bzw. man wärmt Altes neu auf.
So auch in der Diskussion um Edward Snowden, seine Geheimdienstenthüllungen und seine Befragung.
Die Tageszeitung „Die Welt“ brachte in ihrer Ausgabe vom 1. November einen Artikel, der einen zumindest erstaunen lassen sollte. Darin wird berichtet, dass die Welt nur von dem, durch den Geheimdienst NSA, abgehörten Handy von Bundeskanzlerin Merkel erfahren hat, weil Russland diese Information lanciert hat. Wladimir Putin wolle einen Keil zwischen Europa und die USA treiben.
Das „Springer-Zentralorgan“ der Unionsparteien berichtet weiter davon, dass Russland (also Putin) Snowden nur aufgenommen hat, um den USA und dem westlichen Bündnis zu schaden. Und Snowden bezahle für seinen Aufenthalt mit Informationen, die Russland nützlich sind. Russland wolle damit seine Bedeutung aufwerten, die es nach dem Zusammenbruch des (man beachte die Wortwahl im Originalzitat) Ostblocks verloren hat.
Weiterhin habe sich der Grünen-Politiker Hans Christian Ströbele von Russland für dessen Ziele einspannen lassen. Bei dem Besuch sei nichts Neues herausgekommen. Die paar Informationen hätte Putin auch direkt ans Kanzleramt leiten können. Und die Erklärung, warum er das tut, liefert die Welt gleich mit, ich zitiere: Er will dorthin, wo ihn das „Forbes“-Magazin bereits sieht: Es kürte den russischen Präsidenten in dieser Woche erstmals zum mächtigsten Mann der Welt.“
Die Systematik dieses Vorgehens ist nur zu gut bekannt. Hier kommt es ganz gezielt zu einem Reload der antiquarischen Kommunismusbekämpfung, die während des kalten Krieges systematisch ausgedehnt und ausgebaut wurde. Hier muss ein altbekanntes Feindbild her, um von anderen Machenschaften abzulenken.
Bereits vergangene Woche gab es verschiedene „Stellungnahmen“, dass das deutsch/amerikanische Verhältnis so gefährdet und angespannt „wie schon lange nicht mehr“ sei. Dazu kam dann der Besuch Hans Christian Ströbeles in Moskau und das die Linkspartei eine Initiative gestartet hat, einen Bundestagsbeschluss herbeizuführen, Edward Snowden Asyl in der BRD zu gewähren. Das Parlament müsse „der Bundesregierung auf die Sprünge helfen und sie per Beschluss dazu zwingen, dem Whistleblower Asyl und Gelegenheit zu einer Zeugenaussage zu geben“. Im Bundestag stehe es „320 zu 311 für eine Aufnahme Snowdens, sagte ihr Vorsitzender Bernd Riexinger. Drei von vier Parteien sind dafür“, so seine Einschätzung. „Im Bundestag ist der politische Wille klar.“
Wie nicht anders zu erwarten, lehnte dies Merkel am vergangenen Montag ab. Über ihren Regierungssprecher warnte sie vor einem Zerwürfnis im deutsch-amerikanischen Verhältnis. „Das transatlantische Bündnis bleibt für uns Deutsche von überragender Bedeutung“, so der Regierungssprecher. Und weiter ging es dann entsprechend: Kaum ein Land habe wie Deutschland von der Freundschaft zu den USA profitiert. Dies sei von großer Bedeutung bei allen Entscheidungen der Bundesregierung.
Anstatt folgerichtig so zu handeln, wie es von verschiedenen Seiten im Raum steht und Snowden Asyl in Deutschland zu gewähren und damit auch ein deutliches Zeichen gegen unzulässige US-Amerikanische Machenschaften zu setzen, flüchtet sich die Rechtskonservative CDU-Regierung unter Merkel in eine neue Episode altbekannten paranoiden Patriotismus ala „Unsere amerikanischen Freunde, denen wir so viel verdanken“. Die Adenauers und Kohls lassen herzlich grüßen.
Und damit dies alles auch klappt, wird ein altes Feindbild neu aufbereitet und präsentiert. Der Feind sitzt wieder einmal im Osten, als Ablenkung dafür, dass der wahre Feind ganz woanders sitzt. Denn CDU-Regierungen, wie auch SPD-Regierungen genauso, haben schon immer nach US-Amerikanischer Pfeife getanzt und werden es auch weiterhin tun.
Vergessen wird dabei nur eines: Edward Snowden hat seine Informationen an verschiedene Journalisten weitergegeben. Unter anderem des britischen Guardien und anderen. Und die stehen in einem harten Wettbewerb und geben Informationen, möglichst medienwirksam und Auflagen steigernd, häppchenweise heraus.
Wichtig scheint hier die Frage, was hier medial im Vordergrund steht. Journalistisches aufklären, oder Auflagen steigerndes, medial inszeniertes häppchenweises Anfüttern. Umsatz statt Journalismus? Profit vor Wahrheit?
Wenn plötzlich alte Feindbilder, Plattheiten und Klischees des kalten Krieges wieder hervorgeholt und perfektioniert vor neuen Kulissen wieder aufgebaut werden so zeigt dies doch eigentlich, wie sehr in Wirklichkeit ein Nerv getroffen sein muss.
Und diesen Nerv sollte es gelten weiter anzubohren, um die Eiterinfektion bloßzulegen und nicht notdürftig mit alten Lügengebilden zu übertünchen.
Aber dazu scheint der Politik der Mut zu fehlen.
Wir sehen uns nächste Woche wieder.
Quellen:
Die Welt
Süddeutsche Zeitung
Spiegel Online