Sendung 287 vom 04.07.2013
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Nachdem in der vergangenen Woche im hessischen Landtag die skandalösen Vorgänge rund um die diesjährige Blockupy-Demonstration ein weiteres Mal behandelt wurden, wird sich auch diese Sendung noch einmal mal mit Blockupy beschäftigen.
Innenminister Boris Rhein wies am Montag vergangener Woche, im Landtag noch einmal generelle Kritik am Polizeieinsatz bei der Blockupy-Demonstration in Frankfurt am 1. Juni zurück. Bei einer Sondersitzung des Innenausschusses beantwortete Rhein einen mehrere Hundert Positionen umfassenden Fragenkatalog der Opposition. Diese wies er als teilweise unsachlich zurück.
Der Minister räumte ein, dass es in Einzelfällen zu Überreaktionen von Polizisten gegenüber Demonstranten gekommen sein könne. Dies untersuche derzeit eine Arbeitsgruppe der Frankfurter Polizei „ernsthaft und akribisch“, versprach Rhein. Für Ergebnisse sei es aber noch zu früh. Es gebe aber keinen Grund, das Vorgehen der Polizei pauschal zu verurteilen.
Rhein bekräftigte wieder einmal, dass weder er noch sein Ministerium am Tag der Demonstration in Entscheidungen der Polizei eingegriffen habe.
Es muss jeden vernünftig denkenden Menschen in einem angeblichen Rechtsstaat schon sehr seltsam und fragwürdig vorkommen, wenn wie in diesem Fall mutmaßliche Täter (hier die Polizei!) ihren Fall selbst untersuchen und aufklären sollen. Normalerweise wird so etwas von einer unabhängigen Stelle ausgeführt. Zu was für einer Diktatur (mit Volker Bouffier und Boris Rhein an der Spitze) ist das Bundesland Hessen verkommen, wenn solche, an schlimmste diktatorische Regime erinnernde Maßnahmen, von der hessischen Landesregierung und allen zuständigen Stellen geduldet werden?
Die Abgeordneten der Linksfraktion warfen dem Innenminister darüber hinaus vor, dass einige seiner Darstellungen im Widerspruch stünden zu Zeugenaussagen und Fotos von der Demonstration. „Boris Rhein tischt dem Ausschuss Lügen auf“, regte sich Fraktionsvorsitzende Janine Wissler auf.
Das Blockupy-Bündnis teilte in einer Pressemitteilung mit (Zitat):
Das bundesweite Blockupy-Bündnis hat die gestrigen Einlassungen des hessischen Innenministers Boris Rhein im Landtag als wahnwitzigen Versuch, die Wirklichkeit umzudeuten, bezeichnet. „Doch damit wird er nicht durchkommen. Dafür haben zu viele Menschen – unter ihnen viele Medienvertreter – gesehen, was wirklich passiert ist, dafür ist das Geschehen zu umfassend dokumentiert: Die Gewalt bei der Blockupy-Demonstration ging von der Polizei aus“, sagte Blockupy-Sprecher Roland Süß.
Wie flexibel Rheins Umgang mit Fakten ist, zeigen nach Ansicht des Blockupy-Bündnisses seine Antworten im Innenausschuss des Landtages. So antwortete der Innenminister auf die Frage, wie viele gewaltbereite Demonstranten bei der Blockupy-Demonstration gewesen seien, gekommen seien 900 – also just so viele, wie die Polizei eingekesselt hatte. „Für den Innenminister gilt offenbar: Gewaltbereit ist, wer von der Polizei eingekesselt und misshandelt wird“, sagte Roland Süß. „Folgt man dieser verdrehten, zutiefst autoritären Logik, sind die Opfer von Polizeigewalt per Definition Gewalttäter.“
Auch wenn das Ausmaß der Polizeigewalt in der Türkei und bei der Blockupy-Demonstration in Frankfurt nicht zu vergleichen sei, zeigten sich erschreckende Ähnlichkeiten. „Erdogan diffamiert Demonstranten als Terroristen, Rhein diffamiert sie als gewaltbereit. Beides ist Ausdruck eines zutiefst undemokratischen Geistes“, sagte Thomas Occupy von Blockupy. Offenbar sähen sowohl Erdogan als auch Rhein in Demonstrationen in erster Linie eine Störung der öffentlichen Ordnung und nicht die Ausübung eines Grundrechts.
Thomas Occupy: „Wer die Tränengas-Behandlung von kleinen Kindern, das Zusammenschlagen von Rentnern und eine Einkesselung Hunderter über neun Stunden ohne Versorgung mit Essen und Getränken als ‚völlig in Ordnung‘ bezeichnet, dessen Rechtsauffassung hat den Boden des Grundgesetzes längst verlassen.“ – Zitat Ende.
Ein weiter Skandal tat sich in der vergangenen Woche auf. Der Antrag der hessischen Linksfraktion zur Bildung eines Untersuchungsausschusses zu der Blockupy-Demonstration in Frankfurt ist gescheitert. Die Forderung nach einer Aufklärung der stundenlangen Einkesselung von rund 1000 Teilnehmern der Proteste am 1. Juni verpasste am Donnerstagabend, dem 27.06.2012, in der Plenarsitzung des Wiesbadener Landtags die Erforderlichen Anzahl von 24 Stimmen.
Die regierende CDU lehnte den Antrag ebenso ab wie der Koalitionspartner FDP und die oppositionelle SPD-Fraktion. Die ebenfalls oppositionellen Grünen stimmten dem Begehren zu. Grüne und LINKE stellen derzeit jedoch nur zusammen 23 Abgeordnete.
Die SPD hat in Frankfurt, mit ihrem desinteressiert abtauchenden OB Feldmann bereits ausreichend Flagge gezeigt, nur in die falsche Richtung. Nach diesem Skandal muss sie sich die Frage gefallen lassen wozu sie überhaupt – und als Oppositionspartei im Speziellen – gut ist. Und darüber hinaus, ob sie etwas anderes ist, als der Steigbügelhalter der ultrarechten Hessen-CDU-Landesregierung, mit ihren ex Junge Union Führern Boris Rhein und Volker Bouffier!
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat jedenfalls eine eigene Ermittlungsgruppe zu dem umstrittenen Polizeieinsatz der Blockupy-Demonstration eingerichtet. Laut DPA sind bis Mitte vergangener Woche 15 Anzeigen dazu eingegangen. Weiterhin wird gegen den Einsatzleiter der Polizei, bei der Demonstration, Harald Schneider, ermittelt. Anlass ist eine Strafanzeige des Landesverbandes der Linken. Die Partei wirft Schneider vor, den genehmigten Protestzug „planmäßig gewalttätig“ verhindert zu haben. Die Ermittlungen laufen nun wegen des Verdachts auf Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung im Amt.
Genaugenommen ist der aber nur ein Bauernopfer. Denn es ist anzunehmen, dass die Polizei ihre Anweisungen von Innenminister Boris Rhein bekam (was der logischerweise abstreitet). Und das Innenminister Rhein etwas so Wichtiges anordnet, ohne das OK von Ministerpräsident Bouffier zu haben, ist kaum anzunehmen. Ähnlich sieht es bei Polizeipräsident Achim Thiel aus, der wohl auch nur auf Anweisung handelte. Erst äußerte er sich lange gar nicht und in dem Augenblick, als er Fehler beim Polizeieinsatz andeutete, Ärger mit Innenminister Rhein bekam.
Eigentlich müsste die ganze hessische Landesregierung, inklusive ihrem Ministerpräsidenten zurücktreten. Da dies aber kaum geschehen wird, hat der Wähler in Hessen, am 22. September wenigstens die Möglichkeit dies zu tun. Was auch notwendig und längst überfällig ist.
Neben der Gewalt im Inneren sind alle Bürger auch durch Gewalt von Außen bedroht. Die zahlreichen Spionageaktionen von amerikanischen und englischen Geheimdiensten sind Überwachung in ihrer schlimmsten Form. So findet eine Kontrolle der Bürger einmal durch die deutsche Polizei und Politik (inclusive dem umstrittenen Einsatz von Hubschraubern und Drohnen zu Überwachung) statt und zum anderen durch ausländische Geheimdienste, die anscheinend – und wohl nur unter vielem anderem – jede Form der Kommunikation kontrollieren. Wobei hierbei auch die Frage gestellt werden muss, ob US- und Britische Geheimdienste ohne die „helfende Hände“ ihrer deutschen Kollegen von BND, BfV und MAD ausgekommen sind – und noch auskommen. Es ist nicht anzunehmen.
Eine sich immer höher schraubende Gewaltspirale, ausgelöst von nationaler und internationaler Politik. Es sollte die Frage nach Gemeinsamkeiten gestellt werden.
Denn auch hier zeigt der Umgang von Innen- und Justizministerium damit nur, dass man sich (wie in Frankfurt) aus der politischen Verantwortung herauszieht.
Wir sehen uns bei der nächsten Sendung.
Quellen:
Frankfurter Rundschau
HR-Online
FAZ
Blockupy