Sendung 274 vom 07.02.2013
Willkommen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, zu der heutigen Sendung.
Ist es nicht beachtlich, welche gegensätzlichen Ereignisse, im Gebäude des deutschen Reichstages (heute Bundestag genannt) ihren Ablauf finden, ohne jeden Skrupel vonseiten der großen Mehrzahl der Abgeordneten und Parteien?
In der vergangenen Woche gab es wieder so ein ganz besonderes Schmankerl in Sachen Absurdität und Verlogenheit. Am 30. Januar fand im Bundestag eine Gedenkveranstaltung zur Machtübernahme der Nationalsozialisten und der Opfer des Holocaust statt. Zwar wurde an diesem Tag der Mordopfer durch die Nazis gedacht und damit unweigerlich auch an die vielen Opfer des 2. Weltkrieges erinnert, aber das hinderte dieselben Parlamentarier, die vorher noch mit ernster, versteinerter Miene jener Opfer gedachten, nicht daran, nur wenige Stunden später den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr um ein weiteres Jahr zu verlängern und hernach über deutsche Rüstungsexporte zu debattieren. Eigentlich erübrigt sich hier jedes weitere Wort!
Diese Entscheidung des Bundestages, nur Stunden nach dem Jahrestag der Machtübernahme Hitlers, hat wieder einmal gezeigt, dass es denjenigen Parlamentariern (von CDU/CSU, SPD und Grünen), die für die Verlängerung stimmten, nicht um eine Beendigung des Afghanistankriegs und um den Abzug der deutschen Truppen geht. Sie sprechen zwar unermüdlich davon; ihre Taten weisen aber in eine andere Richtung. Das neue Mandat, das beschlossen wurde, als sich die Leiden von Holocaust, NS-Diktatur und 2. Weltkrieg noch sprichwörtlich im Raum befanden, überging verblümt jegliche Willen oder gar Aussichten auf einen Abzug und manifestierte wie üblich leere Versprechungen, Lügen und Schönfärbereien. Fest steht, dass sich Deutschland an 11 Jahren Krieg mit all seinen durch den Krieg verursachten Toten schuldig gemacht hat. Der Bundestag hat wieder eine Chance vertan, ein politisches Vergehen (um nicht zu sagen ein politisches und völkerrechtliches Verbrechen) einzugestehen und den durch nichts gerechtfertigten Interventionskrieg am Hindukusch zu beenden. Wieder einmal hat sich eine überwältigende Mehrheit der Parlamentarier – gegen die Realität in Afghanistan und gegen den Willen der Bevölkerung – für die Fortsetzung des Krieges ausgesprochen.
Anhand eines weiteren Vorganges lässt sich die Frage stellen, inwieweit die Mehrzahl der Politiker im Bundestag überhaupt an Friedenspolitik interessiert ist:
Bereits im Mai 2010 wurde auf der Ebene der Vereinten Nationen beschlossen, dass eine UN-Konferenz zur Einrichtung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten müsse, durchgeführt werden. Die zeitliche Zielsetzung der stattfindenden Konferenz dürfte nicht über das Jahr 2012 hinaus gezögert werden. Der genaue Konferenztermin steht momentan jedoch immer noch nicht fest, da der Letzte offensichtlich auf Betreiben der USA und Israels – kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Zu einer Veranstaltung in Berlin (am 28.1.2013) mit Fachgesprächen zur Vorbereitung dieser Konferenz wurden auch die Abgeordneten des Bundestages eingeladen. Zugesagt haben nur 3: einer von der SPD und zwei von der Linkspartei.
Offensichtlich sind Kriegsverhinderung und Friedenspolitik nicht das Ziel der Bundesregierung und auch nicht das der überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten im Deutschen Bundestag.
Vollkommen gegensätzlich dazu verhält sich die Auswertung einer aktuellen Umfrage, die Forsa im Auftrag der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges IPPNW durchgeführt hat, die sich mit der Meinung der Bürger zum Umgang mit dem iranischen Atomprogramm befasst. Die Kurzzusammenfassung der Umfrage im Original von Forsa lautet:
„Die von der internationalen Gemeinschaft verhängten Sanktionen haben bisher nicht dazu geführt, dass der Iran seine Haltung im Atomkonflikt ändert.
Auf die Frage: „Welche Maßnahmen die internationale Gemeinschaft ergreifen sollte, wenn der Iran in der Lage wäre, Atomwaffen zu bauen“, sprechen sich 80 Prozent der Bundesbürger dafür aus: Es solle durch politische Verhandlungen, zum Beispiel im Rahmen einer UN-Konferenz für eine massenvernichtungsfreie Zone im Nahen Osten, den Versuch unternommen werden, eine Atommacht Iran zu verhindern.
Gezielte Militärschläge gegen iranische Atomanlagen lehne die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger ab: Lediglich 7 Prozent befürworteten eine solche Maßnahme. 8 Prozent der Bundesbürger verträten die Meinung, dass man sich aus dem Konflikt heraushalten und eine Atommacht Iran hinnehmen solle.“ Zitat Ende.
Hinzukommend fordert die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung von der Bundesregierung die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen in Afghanistan und die unverzügliche Einleitung des kompletten Rückzugs. Wie bereits erwähnt, in der Umfrage von Forsa sprechen sich 80% der Bevölkerung für politische Verhandlungen mit Iran und gegen Militärschläge aus, und die Zahl derer, die gegen deutsche Waffenexporte in das nichteuropäische Ausland sind, ist noch höher. Nun, was sind sie für Regierungen, die sich über den Willen des Volkes hinwegsetzen? Und was ist das für eine Politik, die den Willen der Bevölkerung nicht nur missachtet und gänzlich ignoriert, sondern wissentlich und absichtlich dagegen handelt? Welche mafiösen Strukturen und Interessen sind da am Werk?
Kurz eingegangen werden soll auch noch auf die Münchener Sicherheitskonferenz vom vergangenen Wochenende. Am Sonntag sprach der israelische Verteidigungsminister Barak und äußerte dabei den folgenden Satz: „Egal wo man Terror findet, sieht man, dass der Iran seine Finger im Spiel hat.“ – Zitat Ende. Es sollte einmal die Frage gestellt werden, ob nicht die israelischen Regierungen, was das Terror angeht, viel häufiger und tiefer ihre Finger im Spiel haben! Erinnert werden soll dabei an den jüngsten israelischen Luftangriff auf eine syrische Forschungsanlage, Angriffe der israelischen Marine auf Hilfskonvois für Gaza, Luftangriffe auf Gaza, Israels Gazablockade, Luftangriffe auf den Libanon, Libanonkrieg, illegale Siedlungen auf palästinensischem Gebiet, durch Eroberungskriege illegal annektiertes Land und, und, und. Alles durchgeführt von Erfüllungsgehilfen israelischer Politik. Wer also ist nun der wahre Terrorist? Und warum wird hier einer eindeutig völkerrechtswidrigen Politik kein Einhalt geboten? Eventuell, weil die Interessen des Westens und der USA im Hintergrund stehen?
Was ist das eigentlich für eine Sicherheitskonferenz, bei der der NATO-Generalsekretär Rassmussen u. a. eine Erhöhung der Militärausgaben fordert, ein deutscher Verteidigungsminister mit seiner Forderung nach einer stärkeren Kooperation Europas mit der NATO ins selbe Horn bläst und ein US-Außenminister das weltweite Blutvergießen des US-Militärs als Erfolg darstellt? Sollte dies eine Sicherheitskonferenz heißen? Sicherheit für wen? Uns verunsichert und schockiert dieses unerhörte Sicherheitskonzept zutiefst!
Sollte nicht in diesem Zusammenhang auch die berechtigte Frage gestellt werden: weshalb eigentlich eine solche Zusammenkunft von merkwürdigen Brechern des Völkerrechtes und Kriegswilligen ausgerechnet in Deutschland (mit seiner Vergangenheit) stattfindet, indes uneingeschränkt die Weiterführung der Ächtung, die Ausweitung des Krieges und das des damit verbundenen Mordens und Massakerns und die Perfektionierung der neuzeitlichen Kriegsmaschinerien geschmiedet wird!
Denn, es geht in diesem Kontext nicht um die Taten und Untaten der Einzelpersonen, der unbedeutenden Figuren und das kritisieren der Einzelfälle und Einzeltaten. Es geht, genauer betrachtet, um eine kolossale Umwälzung und Umwandlung von menschlichen Gesellschaften, menschlichem Zusammenleben und zwischenmenschlichen- wie auch zwischenstaatlichen Umgangsformen. Es ist wichtig darüber nachzudenken, wieso immer wieder Personen und ihre verdammungswerten Taten ausdiskutiert und unter die Lupe genommen werden, ohne dass auf die Strukturen, an sie sie sich anlehnen zumindest aufmerksam gemacht zu werden? Weshalb können sich diese sogenannten Einzeltäter derartig unauffällig, geschickt und umwandelbar über die langen Zeitstrecken und auf den so verschiedenartigen gesellschaftlichen und internationalen Feldern und Bühnen bewegen, hantieren und an die Schalthebel heranwagen? Welche Strukturen unterstützen sie denn? Wo und wie werden sie produziert? Was für ein System steckt dahinter und bringt dies laufend zustande? Dieses dahinterstehende System gilt es zu erkennen, und zu bekämpfen. Das muss Ziel und Zweck des Denkens und des Handelns sein!
Wir befassen uns, liebe Zuschauerinnen und liebe Zuschauer, wöchentlich mit diesen unsäglichen Thematiken nicht aufgrund dessen, dass wir diese gerne hätten, sondern weil sie im Verborgenen real funktionierend geschehen und weil wir überzeugt sind: „Das ist doch letztendlich eine Frage der Menschlichkeit!“ Und in diesem Sinne möchten wir sie auf folgenden Sendebeitrag in der ARD aufmerksam machen, dessen Link auch auf unserer Homepage zum Nachdenken bereitgestellt wurde. Auf unser Wiedersehen nächste Woche zu der gleichen Zeit.
8:17 min
Sendetermin: So, 03.02.13 | 19:20 Uhr
Irak: Uranmunition – das strahlende Vermächtnis
Quellen:
Tageszeitung Junge Welt
AG Friedensforschung
mohssenmassarrat.weebly.com
www.idowa.de/home