Sendung 206 vom 07.04.2011
Guten Tag liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich begrüße Sie zu Folge 206 von „Die Vergessenen dieser Welt!“. Die heutige Sendung ist der 3. Teil über Nordafrika und den Krieg gegen Libyen.
Die »Internationale Kampagne zum Verbot von Uranwaffen« warnt vor dem Einsatz von Bomben und Munition mit abgereichertem Uran, den sogenannten DU-Waffen, in Libyen. Sowohl das von der US-Marine eingesetzte Kampfflugzeug AV 8B Harrier als auch die von der US-Luftwaffe eingesetzten Kampfjets A-10 Thunderbolt trügen Raketen mit DU-Sprengköpfen. In den ersten 24 Stunden hätten allein US-amerikanische B-2-Maschinen 45 Bomben abgeworfen, von denen jede 2000 Pfund schwer gewesen sei, heißt es in einem Beitrag der britischen Antikriegsgruppe »Stop the War Coalition«. Sowohl diese Bomben als auch die von Kriegsschiffen abgefeuerten Cruise-Missile-Raketen seien mit DU-ummantelten Sprengköpfen ausgerüstet.
»Depleted Uranium« ist ein Abfallprodukt der Urananreicherung und wird von Militärs als panzer- und bunkerbrechende Waffe eingesetzt. Trifft die Rakete, zerstört sie das Ziel und setzt eine brennende Dunstwolke frei, die sowohl giftig als auch radioaktiv ist. Nicht nur Ziel und Umgebung der Luftschläge werden verseucht – auch die Libyer, die jubelnd auf den zerstörten Panzern posieren, sind radioaktiver Verseuchung ausgesetzt.
Ungeachtet dessen setzen die Aufständischen dank anhaltender massiver Luftangriffe der westlichen Kriegsallianz ihren Siegeszug weiter fort. Nach der Wiedereinnahme der Küstensstädte Adschabija und Brega zogen die bewaffneten Gruppen am Montag ungehindert über den Ölhafen Ras Lanuf und den Küstenort Bin Jawad weiter westlich nach Sirte, dem Geburtsort von Staatschef Muammar Al-Ghaddafi. Nach Angriffen am Sonntag flog das westliche Militärbündnis, das inzwischen unter NATO-Kommando steht, auch am frühen Montag morgen eine Serie von Angriffen auf Sirte. Auch die Hauptstadt Tripolis wurde gestern nach Luftangriffen von heftigen Detonationen erschüttert, wie dort stationierte Korrespondenten berichteten.
Die amtliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete von Luftangriffen auf Wohnviertel der Stadt Sebha, 750 Kilometer südlich von Tripolis. In Sebha befinden sich zahlreiche Militäranlagen. Wieviele Menschen bisher bei den Luftangriffen getötet wurden, ist unklar. Libysche Stellen können oder wollen keine konkreten Zahlen nennen, das westliche Kriegsbündnis gibt an, Zivilisten zu schützen, nicht zu töten.
Rußland kritisierte erneut die internationalen Luftangriffe als »unerlaubte Militärintervention«. Die Unterstützung der Rebellen sei ein Verstoß gegen die UN-Resolution, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Montag laut Itar-Tass in Moskau. Es herrsche »praktisch Bürgerkrieg« in dem nordafrikanischen Land, der UN-Beschluß sage nicht, »daß eine ausländische Koalition hier Partei ergreifen soll«, so Lawrow. Ein ranghoher US-Beamter behauptete, die NATO stimme sich bei ihrem Militäreinsatz nicht mit den Aufständischen ab.
Der frühere US-Präsident Bill Clinton schließt Waffenlieferungen an die libyschen Rebellen nicht aus. In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC News sagte der Mann von Außenministerin Hillary Clinton am Montag, er »würde sicher nicht die Tür« zur Unterstützung der Rebellen schließen. Clinton legte Wert auf die Feststellung, nur seine persönliche Meinung zu äußern. Und die sei, daß man die Option einer Unterstützung der Rebellen in ihrem Kampf gegen die Regierungstruppen Muammar Al-Ghaddafis nicht ausschließen sollte.
Bill Clinton selbst hat Erfahrung mit der Aufrüstung und Ausbildung von Aufständischen und der Anfachung von Bürgerkriegen: In seiner Amtszeit unterstützten die USA auf dem Balkan die bosnisch-muslimischen Separatisten sowie die kosovo-albanische Untergrundtruppe UCK mit Waffen, Logistik und Luftschlägen. Der frühere US-Präsident bekundete seine Sympathie für neuerliche Waffenhilfe nur wenige Stunden, nachdem der arabische TV-Sender Al-Dschasira über Trainingshilfen Washingtons in Libyen berichtet hatte.
Auf Seiten der westlichen Kriegsallianz geht man offensichtlich von einer immer länger andauernden Auseinandersetzung in dem nordafrikanischen Land aus. Die britische Armee erklärte laut The Guardian, ihre Kampfflugzeuge würden sich wahrscheinlich mindestens noch sechs Monate an dem von der NATO geführten Einsatz beteiligen. Am Montag kämpften Ghaddafis Truppen und die Aufständischen erneut um den östlichen Erdölhafen Brega. Die Rebellen hatten die Küstenstadt in den vergangenen Wochen mehrfach als »befreit« gemeldet.
Die libysche Regierung startete derweil einen neuen Versuch, eine Verhandlungslösung zu erreichen. In Ankara sollte am Montag der libysche Vizeaußenminister Abdelati Laabidi eintrefffen, der zuvor schon in Athen Gespräche geführt hatte. Auch Oppositionsgesandte aus Libyen würden möglicherweise schon bald in Ankara erwartet, hieß es. Es gehe darum, Möglichkeiten für einen Waffenstillstand zu sondieren. Ebenfalls gestern in Ankara: NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Dieser lehnt wie die Türkei eine Bewaffnung der Ghaddafi-Gegner durch den Westen ab. Fraglich bleibt, welche Bedeutung Washington dem beimißt. Solange die Rebellen aber militärisch gestützt werden, können sie sich einer nichtmilitärischen Lösung verweigern.
In der nächsten Woche Setze ich diese Reihe fort.
Guten Tag
Quellen:
Tageszeitung Junge Welt