Sendung 201 vom 17.02.2011
Guten Tag liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich begrüße Sie zu Folge 201 von „Die Vergessenen dieser Welt!“. Die heutige Sendung ist übertitelt mit: Wehrmedizin.
Deutsche Universitäten führen umfangreiche Forschungsarbeiten über atomare, biologische und chemische Kampfstoffe fort. Wie die Bundesregierung bestätigt, kooperieren zahlreiche deutsche Hochschulen mit denjenigen Instituten der Bundeswehr, die für die Untersuchung von ABC-Waffen zuständig sind. Erforscht werden unter anderem Abwehrmaßnahmen gegen Milzbranderreger (Anthrax), Senfgas und das Nervengift Sarin.
Die deutschen Streitkräfte trainieren ihrerseits bei entsprechenden Manövern den Umgang mit ABC-Waffen. Parallel dazu entwickelt sich an deutschen Universitäten eine ausgefeilte wehrmedizinische Forschung. Diese befasst sich ebenso mit kriegsbedingten physischen und psychischen Erkrankungen wie mit den propagandistischen Aspekten ärztlichen Handelns.
Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Bundestagsanfrage mitteilt, kooperieren zahlreiche deutsche Hochschulen mit den für die Untersuchung von ABC-Waffen zuständigen Instituten der Bundeswehr. Genannt werden die in München beheimateten Militärforschungseinrichtungen für Radiobiologie, Mikrobiologie sowie Pharmakologie und Toxikologie. Diese arbeiten jeweils mit bis zu 20 Universitäten im gesamten Bundesgebiet zusammen.
Aufgabe der genannten Bundeswehr-Institute ist die Entwicklung von Abwehrmaßnahmen gegen Angriffe mit atomaren, biologischen oder chemischen Kampfstoffen. Diese werden regelmäßig im Rahmen entsprechender Manöver trainiert, zuletzt Ende Juli 2009 bei der NATO-Übung „Precise Response“ im kanadischen Suffield. Dabei handelte es sich den deutschen Streitkräften zufolge um eine „heiße ABC-Übung“, bei der „scharfe Kampfstoffe“ wie Senfgas und Milzbranderreger (Anthrax) zum Einsatz kamen. Dies sei „unersetzlich“, da nur so „realistisch“ trainiert werden könne, erklärt die Bundeswehr.
Maßgeblich an „Precise Response“ beteiligt war die „Task Force medizinischer ABC-Schutz“ der deutschen Streitkräfte, die sich ihrerseits aus Mitarbeitern der Bundeswehr-Institute für Radiobiologie, Mikrobiologie sowie Pharmakologie und Toxikologie zusammensetzt. Hier legt man nach eigener Aussage großen Wert auf die „wissenschaftliche Kooperation“ mit „zivilen Partnern“, zu denen in erster Linie universitäre Forschungseinrichtungen zählen. Nach Recherchen der Informationsstelle Militarisierung (IMI) in Tübingen werden etwa an der Universität Köln die Auswirkungen untersucht, die Senfgas (Lost) auf den Menschen hat.
Das Institut für Biophysikalische Chemie der Universität Frankfurt am Main wiederum beschäftigt sich eigenen Angaben zufolge mit der Entwicklung eines Enzyms zur Neutralisierung des Nervengifts Sarin. Musste das Enzym bisher aus Tintenfischen gewonnen werden, so ist mittlerweile die Produktion im Labor möglich, erklärt die Universität. Gedacht sei sowohl an „Anwendungen zur Dekontamination von Räumen und Oberflächen“ als auch an die „Applikation auf der Haut“. Schon im Jahr 2000 entwickelte das Institut für Infektionskrankheiten der Tiere an der Universität Gießen einen Impfstoff gegen das Gasbrand-Toxin – im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums.
Flankierend zur Entwicklung von Maßnahmen gegen ABC-Angriffe hat sich an deutschen Hochschulen eine ausgefeilte wehrmedizinische Forschung etabliert. So befassten sich etwa Ärzte der Universität Gießen schon in den 1990er Jahren mit den „Ursachen von Hörschäden beim Schießen“; an der Deutschen Sporthochschule in Köln wurde noch unlängst der „Einfluss von Ermüdung“ auf „einsatzrelevante Überwachungs- und Beobachtungsaufgaben“.
Parallel dazu kümmerte sich das Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Kölner Universität um die seelische Gesundheit deutscher Soldaten. Nach eigener Aussage hat die Forschungseinrichtung den „Kölner Risikoindex“, der erfassen soll, mit welcher Wahrscheinlichkeit Opfer von Gewaltkriminalität an einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung erkranken, „für die Verwendung in der Bundeswehr angepasst“. Das primäre Ziel habe dabei in der „Prävention psychischer Folgeerkrankungen nach traumatischen Erlebnissen“ bestanden – „insbesondere während Auslandseinsätzen“.
Auch die propagandistischen Aspekte der Wehrmedizin werden mittlerweile ausgiebig analysiert. Wie Thomas Bschleipfer, Oberarzt am Universitätsklinikum Gießen und ehemaliger Berufssoldat, in einem aktuellen Aufsatz schreibt, kommt dem militärischen Sanitätsdienst eine „Schlüsselrolle“ bei der „Durchsetzung einer Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen“ zu: „Einsätze ohne Medizin wären nicht denkbar. Ihre Präsenz bewirkt durch das damit verbundene Sicherheitsgefühl eine Akzeptanzsteigerung für den Einsatz in den Reihen der heimischen Bevölkerung wie der Truppen selbst“.
Man muss kein Genie sein um eine düstere, kriegerische und mit Mord gespickte Zukunft zu sehen!
Guten Tag
Quellen:
German Foreign Policy