Sendung 161 vom 25.03.2010
Guten Tag liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Ich begrüße Sie zu Folge 161 von „Die Vergessenen dieser Welt!“. Die heutige Sendung ist übertitelt mit Abwärts und zurück.
Die Kinder von Hartz IV-Empfängern sind minderwertig, sie sind dümmer und fauler als die Kinder von anderen deutschen Müttern und ihre Ausbildungsfähigkeit steht in Frage. Sie werden in Zukunft den hohen Qualifikationsanforderungen der Gesellschaft nicht mehr genügen. Diese Kinder entstammen einer Unterschicht, die sich durch Sozialhilfe immer mehr vergrößert und hemmungslos vermehrt und den Leistungsträgern auf der Tasche liegt. Das ist eine Gefahr für Deutschland. Während sich die Unterschicht so vermehrt, bekommen die deutschen Frauen der Leistungsträger zuwenig Kinder. Der Staat muss also das weitere Kinderkriegen der Unterschicht verhindern, indem man deren Angehörigen die Lebensgrundlage entzieht. Deutschland braucht diese minderwertigen Kinder nicht, sondern es braucht die sozial wertvollen Kinder der Karrierefrauen.
Dies ist komprimiert zusammengefasst und im Klartext die Aussage von Gunnar Heinsohn. Dies ist 65 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus der Inhalt eines Gastkommentars. Dieser stammt nicht von irgendeinem bösartigen Verwirrten, sondern von einem deutschen Professor für Sozialpädagogik an der Universität Bremen. Dieser Zeitungsartikel erschien nicht in einem rechtsextremen Schmutzblatt, sondern in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Dieser Artikel kann als Volksverhetzung gelten.
Am Anfang des 21. Jahrhunderts sind Arbeiter und Arbeitslose sozial verwundbar wie kaum zuvor. Ihre Organisationen sind geschwächt, ihre Führer korrumpiert, ihr Selbstbewusstsein ist verblasst und die Mächtigen fürchten sie nicht mehr. Es ist hemmungslos, was Vertreter einer neuen Rassen- und Klassenhygiene sich trauen, in Deutschland öffentlich von sich zu geben. Hartz IV-Empfänger und ihre Familien spielen inzwischen die Rolle einer Bevölkerungsgruppe, auf die man mittlerweile anscheinend ungestraft verbal einschlagen und ihr die Lebensgrundlage absprechen kann. „Sozialhilfe auf fünf Jahr begrenzen“, um so die Unterschicht zu dezimieren, das ist der grandiose Vorschlag des Sozialpädagogik-Professors. Was danach kommt, wovon dann Kinder und Eltern leben sollen, diese Frage bleibt er freilich schuldig. Die Sprache des Professors ist dabei eine neue Sprache der Verurteilung unwerten Lebens, fehlt uns doch „nicht das vierte bildungsferne Kind der Sozialhilfemutter, sondern das erste oder zweite der hoch besteuerten und kinderlosen Karrierefrau“, wie es in einem weiteren Artikel von Heinsohn in Welt Online heißt.
Was passiert, wenn wie in den USA die Sozialhilfe auf fünf Jahre beschränkt wird, schildert der Soziologe Loic Wacquant in seinem Buch „Die Bestrafung der Armen“. Während die Zahl der Sozialhilfeempfänger drastisch zurückgegangen ist, weil sie nicht mehr registriert werden, explodierte die Zahl der Gefängnisinsassen. Zählte man 1975 rund 380.000 Häftlinge in den USA, waren es 2000 1,9 Millionen. Das Elend der amerikanischen Wohlfahrt und der Ausbau des Gefängnissystems sind die beiden Seiten derselben politischen Medaille, so Wacquant, Professor an der University of California. Überfüllte Gefängnisse, das ist die Antwort auf die wachsende Zahl der Armen, der sozial Verwundbaren und der Überflüssigen. Wacquant zeigt, wie die Regulierung und Kontrolle der unteren Klassen im Zeitalter der fragmentierten Lohnarbeit und der Verallgemeinerung ungesicherter Arbeitsverhältnisse über ein Strafsystem geleistet wird, das wieder die Zähmung der armen Klasse zur Aufgabe hat.
Gunnar Heinsohn in der FAZ: Während deutsche Frauen außerhalb von Hartz IV im Durchschnitt nur ein Kind haben und leistungsstarke Migrantinnen sich diesem Reproduktionsmuster nähern, vermehrt sich die vom Sozialstaat unterstützte Unterschicht stärker – mit allen Folgeproblemen. So sind in der Hartz-IV-Musterkommune Bremerhaven die Jungen in Sozialhilfe mit einem Anteil von rund 40 Prozent an der männlichen Jugend für mehr als 90 Prozent der Gewaltkriminalität verantwortlich. Solange die Regierung das Recht auf Kinder als Recht auf beliebig viel öffentlich zu finanzierenden Nachwuchs auslegt, werden Frauen der Unterschicht ihre Schwangerschaften als Kapital ansehen. Allein eine Reform hin zu einer Sozialnotversicherung mit einer Begrenzung der Auszahlungen auf fünf Jahre statt lebenslanger Alimentierung würde wirken – nicht anders als in Amerika. Zitat Ende.
Wen Vertreter der neuen Klassenhygiene, die wie Heinsohn ganz in der Nähe der nationalsozialistischen Rassenlehre zwischen einer „Hartz IV-Bevölkerung“ und dem „leistenden Bevölkerungsteil“ unterscheiden, nach einer Dezimierung des „nicht-leistenden“ Teils durch Entzug der Lebensmittel rufen, kann man sicher sein, dass diesen verfassungsfeindlichen Äußerung bald der Ruf nach härteren Strafen und einem Ausbau der Gefängnisse folgen wird.
Man muss sich sowieso jeden Tag aufs neue fragen, ob Deutschland generell nach rechts driftet. Es sind die kleinen Meldungen, die hier für sich sprechen: In Hamburg bringt sich ein 17 Jähriger in der Abschiebehaft um, aus Angst vor seiner drohenden Abschiebung. Auch mit Sinti und Roma und anderen Verfolgtengruppen wird genauso erbarmungslos umgegangen: Abschieben bis im wahrsten Sinne des Wortes der Arzt kommt.
Am 27. und 28. März wollen die rechtsradikalen Verbrecherparteien Pro-NRW und NPD in Duisburg gegen die Merkez-Moschee marschieren. Weitere antiislamische Provokationen sind für das Wochenende in Gelsenkirchen und Leverkusen angekündigt. Die einzige Reaktion der Staatsorgane sind Strafanzeigen gegen Gegendemonstranten. Antifaschisten mobilisieren seit Monaten zu Protesten. Dafür werden sie vom Staatsschutz kriminalisiert. Zudem wird der Webmaster der Seite www.gelsenkirchen-nazifrei.de, der »öffentlichen Aufforderung zu Straftaten« beschuldigt, weil er richtigerweise dazu aufruft, den Versammlungsort von Pro NRW in Duisburg durch friedliche Menschenblockaden abzuriegeln. Und schließlich bereitet sich die Bundeswehr in ihrem Einsatzgebiet am Hindukusch auf weiteres Morden vor. Noch in diesem Jahr wollen die deutschen Besatzungstruppen, nach einer Bundeswehrmeldung vom 18.3., eine Großoffensive gegen Aufständische starten.
Linke in den Knast und Rechtsextreme aller Couleur sind wieder gesellschaftsfähig und werden von Staat und Politik geschützt und hofiert? Ist das eventuell der politische Trend des 21. Jahrhunderts?
Guten Tag
Quellen:
Telepolis
Tageszeitung Junge Welt