Sendung 138 vom 30.07.2009
Guten Tag liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich begrüße Sie zu Folge 138 von „Die Vergessenen dieser Welt!“. Nachdem ich in den vergangenen beiden Sendungen Bilder von Demonstrationen in Frankfurt gezeigt habe möchte ich mich in der heutigen Sendung mit aktuellen Fakten, Iran betreffend, befassen:
In gleich 105 Städten weltweit sind am vergangenen Samstag ein »globaler Aktionstag für den Iran« veranstaltet worden. Mit grünen Bändchen, Lichterketten und Mahnwachen wurde unter dem Internet-Twitter-Slogan »united4iran« (Vereint für Iran) Solidarität mit der Oppositionsbewegung am Persischen Golf bekundet. Vor dem Brandenburger Tor in Berlin und der UNO-Zentrale in New York hungern Exiliraner dem Regime Change in Teheran entgegen. Befristet für drei Tage wollen sie nichts essen, um die Öffentlichkeit auf die Verfolgung und Unterdrückung der politischen Opposition in ihrem Heimatland aufmerksam zu machen, heißt es in einer Erklärung. So weit so gut.
Hintergrund der international koordinierten Kampagne sind die Massenproteste nach den Präsidentschaftswahlen im Iran Mitte Juni und die brutalen Repressionsmaßnahmen gegen die Anhänger des unterlegenen Kandidaten Mirhossein Mussawi. Dabei wurden nach Behördenangaben 20 Demonstranten getötet und mehrere hundert verhaftet. Aber: Im Unterschied zur linksorientierten Demokratiebewegung in Honduras etwa nimmt die Protestwelle in Grün in der Berichterstattung der westlichen Medien breiten Raum ein.
Was die von Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch, von Volksmudschaheddin, Schah-Anhängern und anderen exiliranischen Gruppen initiierten Protestaufrufe für den »Global action day« gemeinsam haben, ist das kollektive Schweigen zu den unverhohlenen Kriegsdrohungen gegen Iran. Ob gewollt oder nicht wird damit die vom Westen betriebene Dämonisierung Teherans befördert. Israel schließt mittlerweile selbst den Einsatz von Nuklearwaffen nicht aus und spricht damit den 73 Millionen Iranern das Recht auf Leben ab. Einzig die »Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges« (IPPNW) machen auf diese kalkulierte massenhafte Verletzung des grundlegendsten Menschenrechts aufmerksam. Angesichts der jüngsten militärischen Drohungen Tel Avivs gegenüber Teheran appelliert die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Ärzteorganisation an die Bundesregierung, die von Israel bestellten U-Boote der »Dolphin«-Klasse nicht auszuliefern. Außerdem soll sie auf die Regierung Benjamin Netanjahus einwirken, die Vorbereitungen auf einen Angriff einzustellen.
Laut Bericht der britischen Times (16. Juli 2009) haben zwei israelische Lenkwaffen-Korvetten und ein von Deutschland geliefertes U-Boot bereits den Suezkanal durchfahren. Zudem sind israelische Kriegsschiffe ins Rote Meer verlegt worden. Israel besitzt insgesamt drei in Deutschland produzierte »Dolphin«-U-Boote, genehmigt und im Bau sind zwei weitere. Diese verfügen ab Werk über Torpedorohre zweier unterschiedlicher Kaliber, was laut IPPNW nur im Hinblick auf eine nukleare Bewaffnung einen Sinn ergibt.
Wie jüngste Studien bewiesen, müsse auch bei einem begrenzten Einsatz von Atomwaffen mit einer hohen Zahl ziviler Opfer gerechnet werden, betonte IPPNW-Vorsitzende Claußen am vergangenen Freitag. Eine IPPNW-Untersuchung aus dem Jahr 2003 zeige, daß selbst bunkerbrechende Atomwaffen ein Gebiet von mehreren Quadratkilometern radioaktiv verseuchen würden. Die Strahlung unterscheidet nicht zwischen Regimeanhängern und -gegnern.
Barack Obama wiederum hat die »Deadline«, den Termin, bis zu dem Iran im Atomstreit einlenken soll, um drei Monate verkürzt. Am Rande des G-8-Gipfels im italienischen L’Aquila drohte der US-Präsident am 10. Juli mit »weiteren Schritten«, falls Iran nicht bis zum Treffen der G-20 im September die Forderung nach Einstellung aller Arbeiten an der Uran-Anreicherung akzeptiert hat. Das Treffen der zwanzig bedeutendsten Industrienationen, auf die 85 Prozent der Weltwirtschaft entfallen, findet am 24. und 25. September in Pittsburgh (USA) statt. Noch im Mai hatte Obama erklärt, daß man zum Jahresende eine Bilanz der iranischen Haltung ziehen und dann über eventuell erforderliche weitere Maßnahmen beraten wolle. Der US-Präsident äußerte sich damals während des Besuchs von Benjamin Netanjahu in Washington. Die Fristsetzung wurde allgemein als Zugeständnis an den israelischen Premierminister interpretiert.
Obama begleitete die Bekanntgabe der neuen Fristsetzung mit auffallend alarmistischen Sätzen: »Wir haben nicht vor, endlos lange zu warten und die Entwicklung nuklearer Waffen und den Bruch internationaler Verträge zuzulassen, um dann eines Tages zu erwachen, uns in einer viel schlimmeren Situation wiederzufinden und nicht mehr handlungsfähig zu sein.« Die Diktion ähnelt sehr der Rhetorik der damaligen Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice vor dem Angriff auf Irak im Frühjahr 2003.
Seit die Aussicht auf einen Regimewechsel in Teheran mit Hilfe einer »getwitterten« grünen Revolution unwahrscheinlicher geworden ist, wird das Schreckgespenst der »iranischen Atombombe« wieder aus dem Hut gezogen. Diese sei »nur noch Monate« von der Fertigstellung entfernt, wußte die Times in der vergangenen Woche. Und die Nachrichtenagentur AP titelte am 17. Juli, »Diplomaten: Iran hätte in sechs Monaten Fähigkeit zu Atombombentest«. Korrespondent Georg Jahn berichtete unter Berufung auf zwei namentlich nicht genannte »Diplomaten« aus namentlich nicht genannten Ländern, daß Teheran in wenigen Monaten bereits eine Atombombe testen könnte. »Sie betonten jedoch, daß es keinerlei Hinweise dafür gebe, daß der Iran tatsächlich einen Atombombentest plane«, desinformierte AP weiter.
Amerika will Krieg zur Erweiterung seines Machtbereiches führen. Auch unter Obama. Doch wer stoppt das Morden?
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