Sendung 266 vom 15.11.2012
Willkommen zur 266.ten Sendung liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Die heutige Sendung trägt den Titel „Von Gürteln und Schnallen“ und beschäftigt sich mit dem Sparen.
Am Mittwoch vor zwei Wochen hielt Bundeskanzlerin Merkel vor dem Europaparlament in Brüssel eine sogenannte »Grundsatzrede«. In der Aussprache beantwortete sie von Abgeordneten geäußerte Kritik an ihrer Haltung zu Griechenland mit einem Ausbruch über »die Griechen«: »Man muss ihnen sagen: Es ist nicht in Ordnung, dass ich jedes Mal einen Streik mache, wenn eine Privatisierung erfolgen soll; es ist nicht in Ordnung, dass ein Eisenbahnsystem über die Fahrkartenpreise nicht mal so viel einbringt, dass man davon die Beschäftigten bezahlen kann; es ist nicht in Ordnung, wenn die Regierungsministerien nicht miteinander zusammenarbeiten; es ist nicht in Ordnung, wenn man ein Steuersystem hat, aber keine Steuer zahlt.
Merkel außerdem: „Wer bestreite, dass die Schuldigen für das griechische Drama in Griechenland selbst zu suchen seien, der versündigt sich an den Gewerkschaftern und Arbeitnehmern in Europa.“ und weiter: „Auch Deutschland habe Hartz IV, Sozialproteste, Wutbürger, Abwahl von SPD und Grünen nach der Agenda 2010 gehabt. Aber: »Wir haben fünf Jahre abwarten müssen, dann haben sich die Wirkungen eingestellt.“
Linksparteichef Bernd Riexinger kritisierte am folgenden Donnerstag in Berlin den Auftritt der Kanzlerin: „Noch nie hat Merkel so offen gezeigt, dass sie nichts mit den demokratischen Wurzeln der europäischen Idee am Hut hat.“ Ihre Vision von Europa sei „ein Kontinent ohne Sozialstaat und Demokratie“. Unter ihrer Führung sei es ein Kontinent geworden, „indem Politik mit Erpressungen, Drohungen und Angst gemacht wird. Das ist Europa zum Abgewöhnen.“ Er forderte „einen demokratischen Neuanfang für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ und fügte hinzu: „Europa braucht mehr Demokratie und weniger Merkel.“
Außerdem sollte einmal die Frage gestellt werden, auf was für einer politisch / diplomatischen Grundlage Merkel sich das Recht herausnimmt, ein anderes Land in einer solchen Art und Weise anzugreifen. Es sollte hier unweigerlich die Frage gestellt werden, ob wir im 21. Jahrhundert leben oder in der frühen Mitte des vorigen!
Ist es eventuell nicht so, dass es dem Rest von Europa so schlecht geht, weil es Deutschland so gut geht? Einige Wenige profitieren, und überall findet dank neo-liberaler Brutalopolitik eine radikale Umverteilung von unten nach oben statt.
Man sollte sich europaweit einmal die Frage stellen, ob das Problem nicht Kapitalismus und Merkel heißt!
In Offenbach ist das Sparen schon lange angekommen. Doch nun in einem Ausmaß, das es selbst für Offenbacher Verhältnisse erschütternd ist. Der Darmstädter Regierungspräsident Johannes Baron von der wirtschaftsradikalen Splitterpartei FDP hat Offenbach in einer Art und Weise das Messer an die Kehle gesetzt, dass man sich in seinem Ausmaß an die Troika rund um die Vorgänge in Griechenland erinnert fühlt.
Am Mittwoch vergangener Woche ist bekannt geworden, dass der Regierungspräsident die Stadt zwingt, das Klinikum zu verkaufen, obwohl sie es kommunal weiterführen möchte. Der Regierungspräsident will verhindern, dass die verschuldete Stadt durch weitere Geldspritzen für das angeschlagene Klinikum tiefer in die Miesen rutscht. Beschließen die Politiker den Verkauf nicht, genehmigt er keinen weiteren Kredit – und das Klinikum geht pleite.
Gibt es für so etwas in der Zivilgesellschaft nicht einen Straftatbestand, den man Erpressung nennt? Aber sicherlich habe ich da etwas missverstanden, oder vielleicht doch nicht?
Fest steht eines: Der Abbau der Industrialisierung hat Offenbach seine Grundlage entzogen. Dies und die Offenbacher Sozialstruktur machen das haushaltspolitische Wirtschaften äußerst schwierig. Das ist seit Jahrzehnten so und für Offenbach ein „alter Hut“.
Es muss in diesem Zusammenhang einmal die Frage gestellt werden, ob es nicht so ist, dass der Plan eines ausgeglichenen Staatshaushaltes nur dadurch realisierbar ist, weil seit Jahren immer mehr Kosten und Aufwendungen vom Staat auf Städte, Gemeinden und Kommunen übertragen werden. Und Städte wie Offenbach sind dann die Dummen.
Darüber hinaus sollte eines gefragt werden: Welchen Zweck hat ein städtisches Krankenhaus? Ist es nicht der den Menschen zu helfen, ihre Krankheiten zu behandeln und sie zu heilen?
Seit wann ist ein Krankenhaus ein Wirtschaftsunternehmen mit einem Zwang zur Profitabilität?
Was wird dann in Zukunft mit solchen Menschen gemacht, die nicht in das Profitabilitätsschema des neoliberalen Kapitalismus passen?
Steht es nicht zu befürchten, dass eine Politik, die Staaten wie Griechenland, Portugal und Spanien die brutalsten und menschenverachtenden Maßnahmen aufzwingt, auch hier nicht zimperlich ist und (früher oder später) eine Lösung findet. Und zwar eine, die dem Wohle des Kapitals und des Kapitalismus gezollt ist und bei dem der kranke Mensch auf der Strecke bleibt.
Wer wissen will, wie so etwas im Ansatz aussieht, der soll einmal nach England gehen. Das kann in jedem Fall als abschreckendes Beispiel dienen. Oder er sei an den kürzlichen Organspendeskandal, hier in Deutschland, erinnert!
Den Herren Politikern von der FDP (und allen anderen auch) sollte einmal in Erinnerung gerufen werden, das Menschen vor Geld und Profit gehen. Nicht das Kapital zählt – es zählt der Mensch.
Auf Wiedersehen bei der nächsten Sendung!