Sendung 644 vom 02.05.2024
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Mittlerweile verkommen die Meldungen über die Kriegsverbrechen im Gazastreifen zu Randnotizen wie dieser:
Die Zahl der im Gaza-Krieg getöteten Palästinenser ist nach Angaben der Gesundheitsbehörde des von der israelischen Armee angegriffenen Gebietes auf 34.012 gestiegen. Die Zahl der Verletzten wurde am (vergangenen) Freitag mit mehr als 76.800 angegeben. Die große Mehrheit der Opfer der israelischen Angriffe mit Bomben und Artillerie sind Zivilisten. Die humanitäre Lage der Bevölkerung in dem abgeriegelten Küstengebiet ist wegen der anhaltenden Kämpfe, großer Zerstörungen und mangelhafter Versorgung weiter katastrophal.
Nach Angaben der israelischen Armee wurde bei Kämpfen im zentralen Teil des Küstenstreifens am Freitag eine ungenannte Zahl von »Gegnern« getötet. Seit dem Vortag habe die Luftwaffe zudem insgesamt 25 Ziele angegriffen.
Vierunddreißigtausend Tote, darunter geschätzt fast die Hälfte Kinder! Doch erhebt man in der BRD berechtigter Weise dagegen seine Stimme, so ergießt sich über einen eine Welle des Hasses und man ist automatisch ein Antisemit. Gleichzeitig muß man damit rechnen im Dschungel der neu erlassenen Gummiparagraph-Vorschriften zu stolpern und strafrechtlich belangt zu werden.
In Deutschland kommt das Verhängen von Einreiseverboten gerade in Mode. Jetzt im April traf es einige Redner des Palästina-Kongresses, unter anderem den linken griechischen Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis. Die Behörden fürchteten, er könne auf dem Kongress „antisemitische und israelfeindliche Propaganda“ betreiben.
Oder den weltweit renommierte britisch-palästinensischen Chirurgen und Rektor der Universität Glasgow, Ghassan Abu-Sittah, der am Berliner Flughafen mehrere Stunden festgehalten und dann zurückgeschickt wurde. Sittah hatte im Oktober und November für Ärzte ohne Grenzen im inzwischen zerstörten Al-Schifa-Hospital in Gaza während der ersten Phase der Bombardierungen unter Einsatz seines Lebens gearbeitet und dem Internationalen Gerichtshof im Januar über seine Erfahrungen Bericht erstattet
Der dreitägige Kongress wurde allerdings nach zwei Stunden von der Polizei abgebrochen.
Das Einreiseverbot stützt sich auf Paragraf 6 des EU-Freizügigkeitsgesetzes, in dem es heißt, die Behörden der Mitgliedsstaaten könnten solche Maßnahmen bei einer absehbaren „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ ergreifen. Nun sind Begriffe wie „öffentliche Sicherheit“ und „öffentliche Ordnung“ äußerst dehnbar. Zwar versuchte der Europäische Gerichtshof (EuGH), die Begriffe zu definieren, sie blieben aber schwammig wie eh und je. Was hierzulande unter Hetze verstanden wird, hat der Bundestag im Dezember 2022 – unter dem Eindruck hasserfüllter Ukraine-Kriegsdebatten – drastisch verschärft. Seither gilt das Billigen, Leugnen oder grobe Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechen mittels Äußerungen, die geeignet sind, zu Hass und Gewalt gegen Personen oder Personengruppen aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören, als strafbare Volksverhetzung.
Namhafte Juristen haben eingewandt, solche für beliebige Auslegung sperrangelweit offenen Paragrafen würden über kurz oder lang zu einer Einschränkung legitimer öffentlicher Diskurse führen und eher selten die Richtigen treffen. Inzwischen sind wir so weit, dass Einreiseverbote schon vorbeugend verhängt werden, ohne dass Straftaten vorliegen. Dieses schleichende Abdriften in eine neue „gut gemeinte“ McCarthy-Ära lässt Demokratien autoritär erstarren. Denn Politiker, Medien und andere Experten verschleiern den Sieg der Staatsräson über die Meinungsfreiheit gern als sogenannte „wehrhafte Demokratie“. Doch Demokratie (sollte es sie in diesem Land je wirklich gegeben haben) war einmal. Denn heute ist es so, daß jeder der nicht die Meinung der Machthaber in diesem Land vertritt, mit einer Welle des Medialen Hasses und Shitstorms überzogen wird, und wenn er Pech hat noch vor Gericht landet.
Genau in diesen Sumpf ist Dieter Hallervorden getreten. Er hat ein von ihm und Diether Dehm geschriebenes Gedicht zu der humanitären Katastrophe in Gaza geschrieben und in einem Video vorgetragen und veröffentlicht.
Keinen Tag später war nahezu die gesamte deutsche Medienlandschaft vom Neuen Deutschland bis zu Julian Reichelts rechtem Krawallportal Nius außer sich. Es hagelte Antisemitismusvorwürfe, von Verschwörungstheorien und „perfidem Israel-Hass“ war die Rede. Was ist nur mit den deutschen Medien los? Man muss nur aufs Knöpfchen drücken und schon geifern die Kommentatoren.
Was hierzulande kaum wer weiß – die schärfste Kritik an der inhumanen Kriegsführung Israels kommt keinesfalls aus Deutschland, sondern aus Israel selbst. Seit Beginn des Bombardements von Gaza verging beispielsweise keine Woche, in der die renomierte linksliberale israelische Zeitung Haaretz nicht sehr scharf das Töten der Kinder in Gaza kritisiert hätte. Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf, Israel betreibe eine Apartheids-Politik. In Deutschland unsagbar und angeblich antisemitisch, in Israel selbst ein durchaus gängiger Vorwurf kritischer Intellektueller.
De facto ist es eher so, dass in keinem Land der Welt die Kritik an der israelischen Kriegsführung ein derartiges Schattendasein führt wie in Deutschland. Das hat sicherlich auch etwas mit dem hierzulande mittlerweile inflationär benutzten Antisemitismusvorwurf zu tun.
Aber nun ja, wer hätte ernsthaft andere Reaktionen erwartet? Und ein Gutes haben die Pawlow’schen Reflexe der schreibenden Zunft ja auch – sehr viele Menschen dürften erst durch die Schmähkritik der Edelfedern auf das Gedicht sowie das Video aufmerksam gemacht worden sein.
Damit auch sie sich einen unabhängigen Eindruck machen können zeigen wir nun im Anschluß das Video und bedanken uns herzlich für die freundliche Sendegenehmigung bei Dr. Diether Dehm.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder