Sendung 569 vom 06.01.2022
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Zu aller Erst begrüßen wir sie zur ersten Sendung in diesem Jahr und wünschen ihnen ein schönes 2022.
Das Verhältnis des Westens zu Rußland ist mittlerweile so schlecht wie seit langem nicht. Rußland wird dabei als ein Feind für den Frieden aufgebaut. Jedoch reagiert Rußland mit seiner Ukrainepolitik in Wirklichkeit auf die Expansionspolitik der NATO. Stein des Anstoßes ist die seit fast 30 Jahren fortschreitende Ausdehnung der NATO nach Osten, bis an die Russische Staatsgrenze. Das Ergebnis: Das Kriegsbündnis ist, mit Truppen und modernsten Waffen, Moskau Hunderte Kilometer nähergerückt.
Was das bedeutet, erläuterte Rußlands Präsident Wladimir Putin in den vergangenen Wochen mehrfach. Er sprach in diesem Zusammenhang von fünf Wellen der Expansion des Kriegsbündnisses und erinnerte daran, alles habe damit begonnen, daß Angehörige der US-Armee und der US-Geheimdienste Anfang der 90er Jahre in seinem Land tätig waren. Sie hätten den Separatismus und terroristische Gruppen im Nordkaukasus unterstützt, 2002 seien die USA aus dem 1972 geschlossenen Vertrag über die Begrenzung antiballistischer Raketenabwehrsysteme (ABM) ausgetreten – „aus Euphorie über den Sieg im sogenannten Kalten Krieg“.
Putin nannte es „extrem alarmierend“, daß heute NATO-Truppen in der Nähe Rußlands stationiert werden. Das betreffe die Raketenabwehrsysteme in Rumänien und demnächst in Polen, die auch offensiv mit Tomahawk-Marschflugkörpern bestückt werden könnten. Sollten USA und NATO ähnliches in der Ukraine in Stellung bringen, werde die Flugzeit bis Moskau nur sieben bis zehn Minuten betragen, für Überschallsysteme sogar nur fünf Minuten. Setze der Westen seinen aggressiven Kurs fort, werde Rußland angemessene militärtechnische Gegenmaßnahmen ergreifen und eine harte Antwort auf seine unfreundlichen Schritte geben.
Auch wenn die USA und ihre Vasallen es abstreiten: Die Zusage, daß sich die NATO nicht nach Westen ausdehnen werde hat es so gegeben, anderen Falles wäre die sogenannte Wiedervereinig Deutschlands auch nicht zustande gekommen! Und darüber wurde auch öffentlich in den Medien berichtet. Daran wird sich auch jeder erinnern, der damals in der Lage war Fern zu sehen. Und jeder der anderes erzählt verdreht die Tatsachen!
In die Öffentlichkeit gebracht wurde diese Zusage von Hans-Dietrich Genscher. Am 31. Januar 1990 in der Evangelischen Akademie in Tutzing hielt er eine Rede. Er sagte: „was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des Nato-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben“. Diese Sicherheitsgarantie sei für die Sowjetunion bedeutsam, denn der Wandel in Osteuropa und der deutsche Vereinigungsprozeß dürften „nicht zu einer Beeinträchtigung der sowjetischen Sicherheitsinteressen führen“.
Sowohl Bundeskanzler Kohl als auch der amerikanische Außenminister James Baker folgten Genschers „Tutzinger Formel“, wie sie fortan genannt wurde. Baker traf eine gute Woche nach Genschers Rede, am 9. Februar, in Moskau mit dem sowjetischen Staatschef Gorbatschow zusammen, der zu dem Zeitpunkt der Wiedervereinigung noch nicht zugestimmt hatte.
Baker ging von der „Tutzinger Formel“ aus, und sagte zu Gorbatschow, die Beistandsgarantie oder „militärische Präsenz der Nato in östlicher Richtung“ werde „um keinen einzigen Zoll ausgedehnt“. Am nächsten Tag reisten Genscher und Kohl nach Moskau. Genscher wiederholte im Gespräch mit Außenminister Schewardnadse, wie der „Spiegel“ 2009 belegte, seine „Tutzinger Formel“. Und Gorbatschow stimmte im Gespräch mit Kohl zu, daß die Deutschen allein über ihre Einigung entscheiden könnten.
Auf Grundlage dieser Formel signalisierte Gorbatschow wenig später seine Zustimmung zum Verbleib der Deutschen in der NATO – aber nicht zur NATO-Osterweiterung!
Ob all dies nun schriftlich festgehalten wurde oder nicht ist eher zweitrangig. Es wurde mündlich vereinbart ist der Grundpfeiler der Zwei-Plus-Vier Verträge, die anders gar nicht zustande gekommen wären.
Die Sowjetunion trug die Hauptlast des zweiten Weltkrieges, erholte sich aber nie von den Verlusten. Sie brach zwar schnell das Atomwaffenmonopol der USA, erlangte in der Raketentechnik einen Vorsprung und schließlich ein strategisches Gleichgewicht – gemessen in Atomsprengköpfen. In einer mindestens ebenso wichtigen Kennziffer – der Zahl der in Forschung und Entwicklung Beschäftigten – blieben sie und die sozialistischen Länder allerdings hoffnungslos zurück. Ein US-Stratege sprach von einem „Obervolta mit Atomwaffen“.
Das war eine Variante des Begriffs „Untermensch“. Das Verhalten Washingtons nach dem Ende der Sowjetunion entsprach der Mischung aus Rassismus und Größenwahn. Hatte das Gleichgewicht des Schreckens für relative Berechenbarkeit in den internationalen Beziehungen gesorgt, erkannte das US-Imperium ab 1991 keine Regeln außer denen des Faustrechts mehr an. In den von den USA so genannten „Weltordnungskriegen“ der vergangenen 30 Jahre fielen Millionen Menschen dem aggressiven Expansionismus zum Opfer. Das hat letztlich auch die jetzige Konfrontation mit Rußland herbeigeführt. Und nicht nur mit diesem Land. Der Imperialismus hat eine Weltunordnung geschaffen, die mit mehrfachen Krisen das Überleben der Menschheit in Frage stellt.
Die Sowjetunion leitete die Zerschlagung der Kolonialreiche ein. Ohne sie kein Aufstieg Chinas, keine Kubanische Revolution, kein befreites Südafrika usw. Das war die wirkliche Dialektik ihrer Existenz. Die US-These, ihr Ende sei auch das aller Geschichte, entsprang jener irrealen Weltsicht, die im Imperialismus immer zur Herrschaft von Wahn und Irrationalismus führt. Tatsache ist: Das weltweite Erbe der Sowjetunion bestimmt in einem Maß den Gang der Dinge, daß selbst die heutige Konfrontation mit Rußland nur ein Teil davon ist. Alles hängt davon ab, ob die Anhänger des Big Stick zur Vernunft fähig sind. Das sind sie nie von allein. Die Sowjetunion hat sie ihnen 70 Jahre lang aufgenötigt. Letztlich mit Waffengewalt. Das stand sie nicht durch.
Die USA und die NATO-Partner sehen sichnach dem Ende des kalten Krieges und dem der Sowjetunion als Sieger und marschieren nun in deren Gebiet ein, mit dem Ziel dort US-Amerikanische Wirtschaftsideen und den Neoliberalismus zu installieren und ihren Einflußbereich auf das flächenmäßig größte Land der Erde zu erweitern.
Dazu muß ein neues Feindbild á la kalter Krieg aufgebaut werden. Und genau dies wird momentan von den USA und den NATO-Staaten getan.
Die NATO will keinesfalls vom Aufmarsch gegen Rußland ablassen. Dessen Hauptrichtungen folgen denen der Wehrmacht im Jahr 1941. In diesen Tagen vor 80 Jahren brachte die Rote Armee den faschistischen Besatzern vor Moskau zwar die erste strategische Niederlage bei, begriffen wurde das aber in der BRD nie. Am 1. November titelte daher Springers Welt: »78 Divisionen der Wehrmacht sollten Moskau nehmen. Dann kam der Schlamm.« Sie haben nichts gelernt und nichts vergessen.
Welche Handlungsalternative hätte das Rußland von Präsident Putin also? Keine!
Wir sehen und zur nächsten Sendung wieder.