Sendung 563 vom 28.10.2021
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Nicht nur Christian Lindner, auch Robert Habeck hat deutlich gemacht, daß sich einkommensarme Menschen unter einer Ampel-Koalition wenig Hoffnung machen dürfen. Was auch nicht anders zu erwarten war, in diesem unserem seit Jahrzehnten kapitalistisch-neoliberal regierten Lande.
Politische Beobachter und Kommentatoren spekulieren gerade viel, wer in einer von SPD, Grünen und FDP gebildeten Regierung Finanzminister wird – oder ob eine Regierungsbildung an dieser Frage gar scheitern könnte. Robert Habeck von den Grünen hat ebenso Interesse an dem einflußreichen Posten angemeldet wie der FDP-Chef Linder.
Tatsächlich könnte der Ausgang des Streits etwas darüber aussagen, welche Fraktionen des Kapitals in der künftigen Regierung dominieren. Denn klar ist längst, daß es sich bei der FDP und den Grünen um zwei Fraktionen der deutschen Bourgeoisie handelt, die allerdings kulturell vieles trennt.
Als in den späten 1980er Jutta Ditfurth, die Grünen, bei denen sie damals noch Mitglied war, davor warnte, sie könnte eine „FDP mit Fahrrad“ werden, wurde das als Beleidigung aufgefaßt und oft brüsk zurückgewiesen.
Heute wird es eher als Kompliment verstanden, wenn jemand die Grünen mit der FDP vergleicht. Das bedeutet nicht, daß die Kooperation zwischen diesen beiden Flügeln der liberalen Bewegung einfach ist. Ganz im Gegenteil: Gerade wegen der klassenmäßigen Ähnlichkeit müssen sich die Parteien in Geschmacksfragen voneinander abgrenzen.
Doch egal, wie dieser Machtkampf zwischen Habeck und Lindner ausgeht, die einkommensarmen Menschen haben mit weiteren Zumutungen und Entbehrungen vorwiegend in finanzieller Hinsicht zu rechnen. Was auch nicht anders zu erwarten war, denn nur so ist es möglich, daß sich die Einkommensstarken weiter ihre Taschen füllen können. Das wurde deutlich, als Robert Habeck in der ZDF-Talkshow Markus Lanz die bisherigen Sondierungsergebnisse verteidigte und auch als ARD-Moderatorin Tina Hassel von dem Grünen-Spitzenpolitiker in der Sendung Bericht aus Berlin indes wissen wollte, was er davon halte, die Heizkosten für Menschen in Hartz IV oder auch für „Armutsrentner“ (von denen es zukünftig immer mehr geben wird) wegen der explodierenden Energiepreise vollständig zu übernehmen. Habeck lehnte eine solche Inflationshilfe kategorisch mit einer ebenso klischeehaften wie bösartigen Begründung ab:
„Vollständige Übernahme lädt immer dazu ein, daß man dann die Heizung aufdreht und das Fenster aufmacht sozusagen. Es sollte schon einen Anreiz geben, sorgsam mit Energie umzugehen.“
Diese Aussage ist beleidigend, menschenverachtend, radikal-neoliberal und zeigt darüber hinaus, das Habeck an den einkommensschwachen Bürgern in keiner Weise interessiert ist und das sie, wenn es nach ihm ginge, dem Ziel (bzw. der heiligen Kuh“) Klimaschutz zu liebe ruhig über die „Klinge springen“ können. Die Begründung ist auch deshalb absurd, weil es der gutverdienende Mittelstand ist, der besonders große ökologische Fußspuren hinterläßt und nicht einkommensarme Menschen!
So gab es denn auch eine große Empörung in der Twittergemeinde über Habeck, die allerdings auch von manchen Mißverständnissen geprägt war. So wurde von einigen Usern fälschlicherweise behauptet, die Grünen wollten Hartz IV abschaffen.
Richtig ist: Wie große Teile der SPD wollen auch die Grünen Abschied von Hartz IV nehmen. Doch damit ist in erster Linie der Begriff gemeint und nicht das menschenverachtende Sanktionierungssystem. Und so bedeutet das eben noch lange nicht, daß es keine Sanktionen von Jobcentern geben wird. Denn schließlich wurden sie ja von SPD und Grünen eingeführt. Und für die SPD ist die Forderung nach der Abschaffung von Schikanieren und Drangsalieren eine ihrer „Roten Linien“. Genauso wie die Forderung nach Frieden und der Abkehr von Auslandseinsätzen des Wehrmachtnachfolgers Bundeswehr.
Auf ersteres hat der Sozialrechtsaktivist Harald Thomé hingewiesen, nachdem er die Sondierungsergebnisse von SPD, Grünen und FDP analysiert hat. Thomé zitiert die entsprechende Passage in dem Papier:
„Anstelle der bisherigen Grundsicherung werden wir ein Bürgergeld einführen. Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein. Es soll Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen. Während der Coronakrise galten großzügige Regelungen zu Schonvermögen und zur Überprüfung der Wohnungsgröße. Wir prüfen, welche dieser Regeln wir fortsetzen wollen. An Mitwirkungspflichten halten wir fest und prüfen, wie wir hier entbürokratisieren können. Die Zuverdienstmöglichkeiten wollen wir verbessern, mit dem Ziel, Anreize für Erwerbstätigkeit zu erhöhen.“
Das neue „Bürgergeld“, das dem Papier zufolge‚ anstelle der bisherigen Grundsicherung eingeführt werden soll, wird kein Grundeinkommen sein, schon gar kein bedingungsloses Grundeinkommen. Letzteres würde ja an alle Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt, ungeachtet ihrer Einkommen oder Vermögen.
Wer künftig das „Bürgergeld“ bekomme, werde auch weiterhin seine Wohnkosten nachweisen müssen – und womöglich auch weiterhin gezwungen sein, sich eine günstigere Bleibe suchen zu müssen, heißt es in dem Nachrichtenmagazin zu den geplanten Reformierung von Hartz IV. Im Grunde würden dort lediglich die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Kriterien umgesetzt.
„Bürgergeld bleibt Hartz IV. Hartz IV ist erst dann abgeschafft, wenn die Sanktionen abgeschafft wurden. Alles andere ist Etikettenschwindel“, sagt dazu Thomé richtiger Weise.
Aktuell versuchen verschiedene außerparlamentarische und zivilgesellschaftliche Organisationen auf die künftige Regierung Druck auszuüben, um progressive Inhalte umzusetzen. Das Motto der Aktionstage lautet „Gerechtigkeit jetzt“. Neben Aktionen und Demonstrationen ist auch eine „Konferenz der Visionen in Berlin geplant.
Zentral geht es dabei um antirassistische Ziele sowie natürlich, wie sei es auch anders zu erwarten, um „Umweltmaßnahmen und Klimagerechtigkeit“. Auffällig ist die Leerstelle im sozialpolitischen Bereich bei den Forderungen. Da werden vage „bezahlbare Mieten“ und nicht einmal ein Mietendeckel gefordert.
Lobenswert ist, daß es die Forderung nach einem nicht profitorientierten solidarischen Gesundheitssystem in den Katalog geschafft hat. Die größte Leerstelle findet sich im Sozialen. Trotz der Arbeitskämpfe, beispielsweise bei Fahrradkurieren und in Berliner Krankenhäusern, wird nur „bessere Arbeit für alle“ gefordert.
Egal ob Klimawandel, soziales, Mieten oder die Arbeitsbedingungen: Veränderungen oder gar eine Umkehr hin zum Besseren ist unter marktwirtschaftlich/neoliberalen Bedingungen, die unser momentanes Wirtschaftssystem prägen, überhaupt nicht möglich! Denn dieses SYSTEM ist URSÄCHLICH für die Probleme und wird es auch weiterhin bleiben. Nur ein Wandel der vor allem dies berücksichtigt, wird zu echten Verbesserungen führen. Für die Menschen wie auch für das Klima. Aber genau dies ist von den momentan und zukünftig herrschenden Parteien nicht zu erwarten. Im Gegenteil, auch zukünftig werden die Reichen immer Reicher und die Armen immer ärmer. Alles wie gehabt!
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder