Sendung 508 07.05.2020
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Der bzw. die politisch interessierte staunte am vergangenen Wochenende nicht schlecht darüber, was man von Seiten der SPD zu hören bekam. Denn ein Vorstoß aus der SPD-Spitze für eine Beendigung der Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland hat – erfreulicher Weise – in der Union für große Aufregung gesorgt. „Die Naivität von Teilen der SPD-Führung ist gefährlich für die Sicherheit Deutschlands“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, der Deutschen Presseagentur laut einer Meldung vom Sonntag. Allein diese hysterische Äußerung aus der Union zeigt wie richtig der SPD-Vorstoß ist, den im Übrigen die Friedensbewegung und die Partei Die Linke schon immer fordern.
Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem Tagesspiegel gesagt: „Atomwaffen auf deutschem Gebiet erhöhen unsere Sicherheit nicht, im Gegenteil.“ Es sei daher an der Zeit, „dass Deutschland die Stationierung zukünftig ausschließt“. Mützenich verwies auch auf Donald Trump: „Trumps Regierung hat verkündet, dass Atomwaffen nicht mehr nur der Abschreckung dienen, sondern Waffen sind, mit denen man Kriege führen kann.“
Praktisch zeitgleich stellte der SPD-Kovorsitzende Norbert Walter-Borjans die „nukleare Teilhabe“ insgesamt in Frage. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schrieb er: „Ich vertrete eine klare Position gegen Stationierung, Verfügungsgewalt und erst recht gegen den Einsatz von Nuklearwaffen.“ Deshalb lehne er es ab, „Nachfolger für die Kampfflugzeuge zu beschaffen, die für den Einsatz als Atombomber vorgesehen sind“.
Innerhalb der „großen Koalition“ laufen Gespräche über den Ersatz für die als überaltert geltende „Tornado“-Flotte der Luftwaffe. Deutschland setzt diese auch zur sogenannten nuklearen Teilhabe ein – ein Abschreckungskonzept der NATO, bei dem Verbündete Zugriff auf US-Atomwaffen haben. Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will dazu US-Kampflugzeuge vom Typ „F-18“ beschaffen.
Corona hin oder her, die Marschrichtung der Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist somit klar: Auslandseinsätze verlängern, den Bundeswehreinsatz im Innern ausweiten und die nukleare Teilhabe in der NATO sichern.
„Die ›nukleare Teilhabe‹ ist ein wichtiger Baustein unserer Sicherheitsarchitektur“, so Otte weiter. „Die Union teilt die Vision einer Welt frei von Atomwaffen. Aber solange diese Waffen außerhalb der NATO existieren, bleibt die Abschreckung der Garant unserer Sicherheit“, so der CDU-Politiker, der hinzufügte, dass sich auch das SPD-geführte Auswärtige Amt zu diesem Grundsatz bekannt habe.
Ein solcher Schwachsinn war von der Spitze des Auswärtigen Amtes nicht anders zu erwarten und die CDU bleibt, was sie schon immer war: Ein Verein von Stahlhelmfeteschisten!
Die Kritiker dieses sinnvollen politischen Vorstoßes sollten einmal in den Archiven des Deutschen Bundestages stöbern. Denn bereits am 26. März 2010, also vor fast genau zehn Jahren, veröffentlichte die Zeit in einem Artikel die folgenden Zeilen (wir zitieren):
Der Bundestag hat sich mit großer Mehrheit für den Abzug der letzten noch verbliebenen US-Atomwaffen aus Deutschland ausgesprochen. Mit Ausnahme der Linken forderten am Freitag alle Fraktionen die Bundesregierung in einem gemeinsamen Antrag auf, sich in der NATO und direkt bei den USA „mit Nachdruck“ dafür einzusetzen.
Außenminister Guido Westerwelle sagte, die „Relikte des Kalten Krieges“ hätten keinen militärischen Sinn mehr. Die schwarz-gelbe Bundesregierung werde jedoch keinen Alleingang ohne die Bündnispartner unternehmen. Der FDP-Chef bezeichnete die Abrüstung als „Überlebensfrage“ und als „die große Menschheitsherausforderung“.
Zitat Ende.
Stellt sich eigentlich vor allem die Frage wieso zehn Jahre nach diesem Abzugsbeschluss die Atomwaffen immer noch in der BRD sind und wieso mit der Beschaffung deutscher Atombomber das Gegenteil von dem getan wird, was vor zehn Jahren beschlossen wurde.
Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kann die aktuelle Kriegsministerin, genau wie ihre Vorgängerin und deren Vorgänger nicht lesen, oder ihnen allen sind vorherige Bundestagsbeschlüsse völlig egal. Was der Wahrheit wohl am Nächsten kommen dürfte. Auch wenn dies nicht gerade für die Seriosität der herrschenden Politikerklasse spricht.
Neben 30 US-Atombombern vom Typ F-18 „Super Hornet“ stehen 93 „Eurofighter“ und 15 F-18 „Grawler“ für die elektronische Kriegführung auf der Einkaufsliste der saarländischen Ex-Ministerpräsidentin. Allein die 30 Atombomber kosten schätzungsweise 7,5 Milliarden Euro. Die „Ärztinnen und Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) haben ausgerechnet, dass sich die Gesamtkosten des Pakets über eine veranschlagte 30-jährige Nutzungszeit auf sage und schreibe100 Milliarden Euro belaufen.
„Während wir Ärzte und Ärztinnen versuchen, Leben zu retten, entscheidet die Verteidigungsministerin im Alleingang, ein Trägersystem für eine Massenvernichtungswaffe zu kaufen“, so das IPPNW. Nach Berechnungen der Ärzte könnten allein für die 7,5 Milliarden Euro 100.000 Intensivbetten, 30.000 Beatmungsgeräte sowie die Gehälter von 60.000 Pflegefachkräften und von 25.000 Ärztinnen und Ärzte für ein Jahr finanziert werden.
Die Corona-Krise führt uns vor Augen, wie wichtig ein funktionierendes und gut ausgestattetes Gesundheitssystem ist. Jahrelang wurde beim Personal gespart und wichtige Bereiche wurden privatisiert. Angesichts der Corona-Krise und zukünftiger Prävention von Pandemien müssen die Gelder für das Gesundheitswesen massiv erhöht werden. Gleichzeitig gibt die Bundesregierung jedoch Milliarden Euro für Rüstung und Militär aus.
Betrug der Verteidigungshaushalt 2014 lediglich 32 Mrd. Euro, ist dieser inzwischen bei 45 Mrd. Euro angelangt. Geplant ist gar eine Erhöhung auf bis zu 70 Mrd. Euro. Dies würde der irrwitzigen NATO-Zielvorgabe entsprechen, 2% des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben. Geld, das wir dringend im Gesundheitsbereich und anderen zivilen Bereichen benötigen! Der Bundeshaushalt 2020 verdeutlicht dieses: Die Ausgaben für Verteidigung machen rund 12% (45 Mrd. Euro) aus, die für Gesundheit lediglich 4 % (15 Mrd. Euro).
Statt Geld für Panzer, Kampfflugzeuge oder Atombomber auszugeben, brauchen wir mehr Intensivstationen und vor allem gut ausgebildetes sowie gut bezahltes Personal in allen Gesundheitsbereichen. Sparen wir an der Rüstung und investieren wir in das Leben. Honorieren wir die Arbeit von Pflege- und Klinikpersonal sowie vor allem auch allen anderen Werktätigen angemessen!
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder!