Sendung 494 vom 05.12.2019
Hallo Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Am Freitag vergangener Woche verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien den Haushalt für das Jahr 2020. Im Zentrum des von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten Budgets steht eine massive Steigerung der Militärausgaben. Vor fünf Jahren hatte die Große Koalition auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik verkündet. Jetzt spiegeln sich die weitreichenden Konsequenzen dieser Politik immer deutlicher im Haushalt wider.
Allein der Militäretat wird im kommenden Jahr 45,05 Milliarden Euro betragen und ist damit seit 2014 um mehr als 12 Milliarden Euro erhöht worden. Tatsächlich liegt er sogar noch höher. Laut einem Bericht der Deutschen Presseagentur hat die Bundesregierung der Nato für 2020 Ausgaben in Höhe von 50,25 Milliarden Euro gemeldet. „Wir kommen unseren internationalen Verpflichtungen nach. Die NATO-Quote für Verteidigung beträgt 1,42 Prozent“, betonte der sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz in seiner Rede im Bundestag.
Für die nächsten Jahre sind dann weitere massive Steigerungen geplant. Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündete in ihrer Regierungserklärung: „Wir werden das schrittweise weitermachen: 1,5 Prozent bis 2024. Die Verteidigungsministerin hat einen Plan aufgesetzt, wie wir durch Verbesserung unserer Bündnisfähigkeit, durch Aufwuchs unserer Fähigkeiten bis zum Anfang der 30er-Jahre die 2 Prozent erreichen werden. Darauf kann man sich verlassen, meine Damen und Herren.“
Was Merkel und die gesamte herrschende Klasse planen, ist eine massive Rüstungs- und Kriegsoffensive. In absoluten Zahlen bedeutet das anvisierte Zwei-Prozent-Ziel, auf das sich die Große Koalition erstmals auf dem Nato-Gipfel 2014 in Wales verpflichtet hatte, die Erhöhung des Militäretats auf jährlich mehr als 90 Milliarden Euro. Eine gigantische Summe. Allein die geplanten Mehrausgaben umfassen ungefähr das Dreifache des gesamten Gesundheitshaushalts, der sich im nächsten Jahr auf 15,35 Milliarden Euro belaufen wird.
Die Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) stellte in ihrer Rede klar: „Wenn wir in der Welt Verantwortung tragen und eines der Länder sind, das wie kaum ein anderes auf freie Schifffahrt angewiesen ist, weil wir mit die meisten Container auf den Weltmeeren transportieren, dann ist es gut, hier in diesem Haus von freier Schifffahrt und der Freiheit der Seewege zu reden. Der Glaube, dass immer irgendwelche anderen Nationen ihren Kopf hinhalten und ihre Soldaten schicken, damit diese Freiheit gewährleistet ist, fehlt mir. Darauf müssen wir uns einstellen. Das ist die Debatte, die geführt werden muss.“
Kramp-Karrenbauer hatte bereits am Montag auf einem Stützpunkt der Bundeswehr im Saarland verkündet, dass sich diese auf neue Kriegseinsätze vorbereitet. „Wir wären auch heute in der Lage, auch zusätzliche Auslandseinsätze zu übernehmen“, erklärte sie. Am gestrigen Freitag brachte sie dann die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für alle Schulabgänger ins Spiel. Tatsächlich geht es um die Wiedereinführung der seit 2011 ausgesetzten Wehrpflicht, mit dem Ziel neue Rekruten für die Bundeswehr auszuheben und die Kriegspläne in die Tat umzusetzen.
Der Parlamentarische Staatssekretär bei der Verteidigungsministerin, Peter Tauber, machte daraus keinen Hehl: „Ich bin für eine solche Dienstpflicht“, erklärte er in der CDU-Parteizentrale. Er spreche als „ehemaliger Wehrpflichtiger“ und erhoffe sich von einer Dienstpflicht nicht nur einen besseren Zusammenhalt der Gesellschaft, sondern er sei auch überzeugt davon, dass man „die Verteidigung unserer Freiheit nicht einigen wenigen überlassen kann“.
Innerhalb der Bundesregierung treibt vor allem die SPD die Offensive für eine deutsche Weltmachtrolle voran. Der sozialdemokratische Außenminister Heiko Maas prahlte in seiner Rede mit dem deutschen Engagement in Syrien, Libyen, der Ukraine, Afghanistan, Jemen und anderen Ländern. Er erklärte: „Wer das sieht und wer über die Verantwortung Deutschlands in der Welt spricht, der muss zur Kenntnis nehmen, dass in all diesen Krisen, mit denen wir es im Moment zu tun haben, Deutschland mittlerweile meistens die führende Rolle bei der Konfliktlösung übernommen hat. Ich finde, das ist eine gute Art und Weise, Verantwortung in der Welt zu übernehmen.“
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter forderte: „Wir müssen mehr in Europa investieren, damit wir am Ende nicht nur Zaungäste sind, wenn andere die internationalen Regeln festlegen. Wir wären dann nämlich nur noch Empfänger dieser Regeln. Da muss Europa mehr Verantwortung übernehmen, und da müssen wir mehr Verantwortung für Europa übernehmen.“ Deutschland müsse „dazu beitragen, dass sich Europa selbstbewusste Ziele setzen kann“. Es gelte „den Euro zu einer globalen Leitwährung zu machen, die uns unabhängiger vom Dollar macht“ und „die Selbstbehauptung Europas“ insbesondere auch „im Umgang mit China“ durchzusetzen.
Wem dieser Weg zu neuen Kriegen, mehr Imperialismus und mehr Soldaten ein Dorn im Auge ist dem sei am kommenden Wochenende, also am 6. und 7. Dezember der 26. Bundesweite und internationaler Friedensratschlag in Kassel empfohlen, der sich eingehend mit diesen und anderen Thematiken hin zu mehr Frieden befassen wird.
In der Einladung zu der zweitägigen Veranstaltung heißt es: „Im zurückliegenden Jahr hat gesamtgesellschaftlich die Debatte um den Umwelt- und Klimaschutz den höchsten Stellenwert erlangt, gefolgt von Themen zur sozialen Gerechtigkeit und an dritter Stelle die Friedensfrage. Noch zu wenig verankert ist aber in den sozialen Bewegungen, dass ohne Abrüstung die sowohl in Deutschland wie auch global aufgelaufenen Probleme nicht zu bewältigen sind. Für eine sozial-ökologische Wende müssen gewaltige Ressourcen umverteilt werden. Dieses ist nur möglich, wenn der nach Kündigung des INF-Vertrages zu befürchtende neue atomare Rüstungswettlauf verhindert wird und die im Bundeshaushalt vorgesehenen Rüstungsprojekte sowie die EU-Militarisierung gestoppt werden.
Mit der Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ wurde Ende 2017 ein erfolgreicher Anfang gemacht, die Bandbreite sozialer Bewegungen zusammen zu bringen. Diesen Ansatz wollen wir ausbauen. Beim Friedensratschlag 2019 wollen wir deshalb die genannten Probleme auf wissenschaftlicher Grundlage analysieren und für das Zusammenwachsen der vielfältiger und umfangreicher gewordenen sozialen Bewegungen neue Impulse erarbeiten.“
Produzentin und Produzent dieser Sendung können alle Zuschauer nur dazu Ermutigen diese extrem wichtige Veranstaltung in Kassel zu besuchen. Weitere Informationen finden sie auf der eingeblendeten Tafel und im Internet unter www.friedensratschlag.de.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.