Sendung 167 vom 06.05.2010
Guten Tag liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich begrüße Sie zu Folge 167 von „Die Vergessenen dieser Welt!“. Die heutige Sendung ist übertitelt mit: Realitäten.
Nach den Schrecken des 2. Weltkrieges wurde von den Gründungsvätern der Bundesrepublik einiges ins Grundgesetz geschrieben, dass sich aus Deutschlands Verantwortung an maßlosen Verbrechen ergab, oder dessen Zielsetzung es war ähnliches in Zukunft zu verhindern.
Papier ist jedoch bekanntlich geduldig und so scheren sich unsere heutigen Politiker herzlich wenig um das Grundgesetz oder biegen es so zurecht wie sie es gerade brauchen. Siehe die Auslandskriege unserer sogenannten Bundeswehr, die zu nichts gut ist. Ein anderer Paragraph hieß ursprünglich einmal: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
In den später hinzugekommenen Ergänzungen wurde am 26.Mai 1993 mit den Stimmen der CDU/CSU, mit einem Großteil der Stimmen der FDP und mit einer Stimmenmehrheit der SPD der erste Satz praktisch annulliert. In Kurzform: Wer aus einem sicheren Drittland kommt genießt kein Asylrecht. Alle Staaten rund um Deutschland sind sichere Drittländer. Auf eine knappe Formel gebracht: Flüchtlinge genießen Asylrecht – aber im allgemeinen nicht in Deutschland.
1948: UN Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Artikel 14 (1) Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen.
Deutschland befolgt dieses Menschenrecht peinlichst genau: in anderen Ländern! Das deutsche “Asylrecht” ist rechtswidrig. Die Drittstaatenregelung erlaubt es, dass Asylsuchende, die über einen als sicher eingestuften Staat (z.B. alle (!) Nachbarstaaten Deutschlands) eingereist sind, ohne jede Prüfung oder Anhörung sofort vertrieben werden können. Die gegenwärtige deutsche Rechtslage widerspricht nach einer Studie des Deutschen Instituts für Menschenrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention!
In Deutschland sind allein 14000 Flüchtlinge aus dem Kosovo von »Rückführung« bedroht. Im vergangenen Jahr gab es »nur« 322 Abschiebungen, 168 Menschen kehrten »freiwillig« zurück – also um der drohenden Abschiebung zu entgehen. Diese Zahlen dürften nun deutlich steigen: Es sollen jährlich bis zu 2500 Menschen »zurückgenommen« werden. Insgesamt leben 14000 Menschen aus dem Kosovo in Deutschland, die ausreisen müssen und derzeit nur geduldet sind. 10000 von ihnen gehören der Minderheit der Roma an.
Aber damit nicht genug nehmen Gesetzgeber und deutsche Behörden, auch hier und nicht nur bei den Mordeinsätzen der Bundeswehr, bewusst den Tod von unschuldigen Menschen in Kauf. Durch das Instrument der sogenannten Abschiebehaft kommt es immer wieder zu Todesfällen. In letzter Zeit häufen sie sich wieder:
Ein siebzehnjähriger Junge hat sich in Abschiebungshaft, Anfang März in Hamburg, das Leben genommen. Deutschland fühlte sich nicht zuständig für seinen Asylantrag. Ein Minderjähriger starb, weil bundesdeutsche Behörden europäische Asylzuständigkeitsregelungen wichtiger nahmen als das Kindeswohl und das Leben eines Schutzsuchenden. David M. aus Georgien wurde inhaftiert, weil er in Polen sein Asylverfahren durchlaufen sollte. Trotz Hungerstreiks wurde seine Verzweiflung nicht wahrgenommen. Am 7. März erhängte er sich im Zentralkrankenhaus des Untersuchungsgefängnisses.
Im Rahmen der Medienberichterstattung über die Selbsttötung des jungen Georgiers in der Abschiebungshaft wurde auch ein weiterer Suizid bekannt. Eine offenbar völlig unverhältnismäßige und unnötige Abschiebung nach Lettland vor Augen, nahm sich der 23-jährige Wadim durch einen Sprung vor die S-Bahn das Leben.
Am 16. April hat sich in Hamburg erneut ein Abschiebehäftling das Leben genommen. Eine Mitarbeiterin der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hahnöfersand entdeckte die 34jährige Indonesierin am Morgen in ihrer Zelle. Die Frau hatte sich mit dem Gürtel ihres Bademantels erhängt. Yeni P. saß seit dem 9. April in Abschiebehaft, nachdem sie gegen Aufenthaltsbestimmungen verstoßen hatte und deshalb zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war.
Dass die Hälfte der Insassen, die 2009 in der Schleswig-Holsteinischen JVA Rendsburg inhaftiert wurden, um sie in von Kriegsgewalt und Folterterror gekennzeichnete Länder wie dem Irak, Afghanistan oder den Iran abzuschieben, kritisiert der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein als menschenrechtliche Unerträglichkeit.
„Bei den zunehmenden Rückschiebungen von erwachsenen und jugendlichen Flüchtlingen in EU-Staaten wie Griechenland oder Italien, in denen Flüchtlingsrechte nichts gelten, ist offenbar die Bundespolizei der entscheidende Spielmacher.“ erklärt Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Stellt sich die Frage, ob diese Toten von der Politik bewusst in Kauf genommen und vielleicht sogar gewollt sind. Ein Zeichen der Abschreckung zur Verhinderung politischen Asyls. Wer es schafft alle Klippen der gesetzlichen Verhinderung von Asylanten zu umschiffen wird letztendlich mit einer Lösung konfrontiert, die eindeutig ist.
Guten Tag
Quellen:
Tageszeitung Junge Welt
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein
NDR Info