Sendung 437 vom 29.03.2018
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Hierzulande von Politik und Medien völlig unzureichend thematisiert wird etwas das die Vereinten Nationen als „größte humanitärer Katastrophe unserer Zeit“ bezeichnen, nämlich den Krieg im Jemen.
Vor drei Jahren, am 26. März 2015, begann eine Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens eine Intervention im Jemen.
Nach drei Jahren Militärinvasion ist die Lage verheerend. Nach Angaben der Hilfsorganisation Oxfam sind inzwischen drei Viertel der Bevölkerung, die bereits vor dem Krieg als ärmste in der arabischen Welt galt, auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die von den Oppositionellen kontrollierten Gebiete werden von Saudi-Arabien und seinen Verbündeten systematisch und ohne Rücksicht auf die leidende Zivilbevölkerung ausgehungert.
Über 3 Millionen Menschen sind im Jemen auf der Flucht im eigenen Land. Laut Zahlen der UN sind seit Beginn der Bombardements im März 2015 über 45.000 Menschen durch Kriegshandlungen verletzt und weit über 10.000 Menschen getötet worden, darunter über 8.000 Zivilisten, wobei die tatsächlichen Zahlen wohl deutlich darüber liegen, wie Reuters berichtet. UNICEF gibt die Zahl getöteter Kinder mit mehr als 1.600 an. Die Saudi-Koalition ist verantwortlich für die überwiegende Mehrheit der Opfer. Doch diese Zahlen sind nur die Spitze eines wesentlich komplexeren Eisbergs, denn neben den Saudis, dem jemenitischen Militär, den Houthi-Rebellen, ISIS und Al-Qaida wüten als direkte Folge des Krieges im Jemen noch zwei weitere todbringende Kräfte: die Cholera und der Hunger. Laut aktuellen Zahlen der UN sind von den 26 Millionen Einwohnern des Jemen knapp 21 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, 76 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Unter dem Vorwand, Waffenlieferungen an die Houthis zu unterbinden, verhängt Saudi-Arabien seit Frühjahr 2015 eine Seeblockade gegen den Jemen, die das UN-Menschenrechtskommissariat als völkerrechtswidrig und „schwerwiegenden Bruch grundlegender Menschenrechtsnormen“ bezeichnet. Die saudische Marine patrouilliert in jemenitischen Gewässern und weist willkürlich einen Großteil ankommender Containerschiffe ab oder setzt sie über Monate und vereinzelt länger als ein Jahr vor der Küste fest, wie Reuters ausführlich dokumentiert, sogar UN-Schiffe mit Hilfsgütern werden von den Saudis abgewiesen.
Die Auswirkung dieses Verbrechens sind Sieben Millionen Menschen, die von einer akuten Hungersnot bedroht sind, 17,8 Millionen gelten als „ernährungsunsicher“. Bereits vor dem Krieg musste der Jemen 90 Prozent der benötigten Nahrungsmittel importieren, seither ist der Preis für Mehl um 55 Prozent, der für Treibstoff gar um 560 Prozent gestiegen. Das Gesundheitssystem und die Wasserversorgung stehen vor dem Kollaps – 16 Millionen Menschen fehlt der Zugang zu sauberem Wasser.
Die UN bezeichnet den Jemen (wie schon gesagt) als „die größte humanitäre Katastrophe der Welt“ – und doch könnte der Krieg in der öffentlichen Wahrnehmung kaum weniger präsent sein.
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind 15.500 Menschen getötet worden. Drei Millionen Binnenflüchtlinge befinden sich im Land, die saudische See-, Land- und Luftblockade macht ein Verlassen des Jemen fast unmöglich. Eine Cholera-Epidemie, von der fast 100.000 Menschen betroffen sind und die bereits 2.200 Todesopfer forderte, ist nach Ansicht von Experten ebenso wie der Diphterie-Ausbruch maßgeblich auf die zerstörte Infrastruktur und die Blockade zurückzuführen. Die Militärintervention tötet auch mittelbar: Im Jemen stirbt alle zehn Minuten ein Kind an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten.
Die bundesdeutschen Kriegs-Bundesregierungen haben sich in der Vergangenheit schon vieler Humanitärer- und Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Und auch hier mordet Deutschland, indirekt, „fröhlich mit“ anstatt sich für einen Frieden und die humanitäre Stabilisierung in dieser Region einzusetzen.
Im Gegenteil! Wie im Kapitalismus üblich sind Menschen, Leid und Hunger der deutschen Bundesregierung völlig egal, es zählt einzig und allein der wirtschaftliche Profit. Wie auch bei der Türkei und ihren Kriegsverbrechen gegen die Kurden „belohnt“ Deutschland auch Saudi-Arabien mit Waffenlieferungen.
Ungeachtet der Tatsache, dass Saudi-Arabien seit Jahren Krieg führt, hat die Bundesregierung jetzt und AKTUELL erneut eine Rüstungslieferung an das Königreich genehmigt. Diesmal handelt es sich um acht Patrouillenboote, wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nach einem Bericht der Deutschen Presseagentur dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags mitteilte. Die Boote werden demnach auf der Lürssen-Werft im vorpommerschen Wolgast gebaut.
In Wolgast hängen angeblich rund 300 Arbeitsplätze an dem Auftrag aus Saudi-Arabien. Es scheint also so zu sein, dass deutschen Regierenden deutsche Arbeitsplätze wichtiger sind als Menschenleben auf der Arabischen Halbinsel.
Wie eine deutsche Regierung überhaupt Waffen liefern kann ist unbegreiflich. Wenn sie jedoch entgegen Grundgesetz und aller rechtlichen Regelungen Waffen absichtlich und gezielt in Kriegsgebiete und an Kriegsparteien liefert, macht sie sich des Völkermordes mitschuldig und kann unserer Meinung nach nur als verbrecherisch bezeichnet werden! Oder eben als eine, die sich neoliberal / kapitalistisch / marktwirtschaftlichen Werten verpflichtet fühlt, was aber auf dasselbe hinaus läuft!
Erst am Donnerstagabend vergangener Woche hatte der Bundestag der Ausweitung von zwei Bundeswehr-Einsätzen zugestimmt, die angeblich der Bekämpfung des Terrors dienen. Mit den Stimmen der großen Koalition wurden eine Truppenaufstockung in Afghanistan und eine Erweiterung der Ausbildungsmission im Irak auf das ganze Land beschlossen. Bislang hatte die Bundeswehr vor allem die Peschmerga der konservativen kurdischen Regionalregierung im Nordirak unterstützt, nun will sie auch die irakische Zentralregierung in Bagdad beraten und für sie ausbilden. Die neue Mandatsobergrenze liegt bei 800 deutschen Soldaten. Für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr wurde eine Truppenaufstockung von bislang höchstens 980 Soldaten auf bis zu 1.300 beschlossen.
Um so wichtiger ist es in diesem Jahr an den Ostermärschen teilzunehmen, um all diesen verbrecherischen Treiben ein klares nein entgegenzusetzen! In den folgenden Tafeln erinnern wir nochmals an die jeweiligen Starttermine.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.
Quellen:
Tageszeitung junge Welt
JusticeNow