Sendung 428 vom 07.12.2017
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Das Imperium schlägt zurück, sozusagen. Ausgeschlagene Zähne und gebrochene Knochen und monatelanges Wegsperren und Aburteilen, wie bei Erdogan in der Türkei, sind den Repressionsorganen der herrschenden Klasse offensichtlich noch nicht genug.
Am vergangenen Dienstagmorgen hat es bundesweite Razzien „in Zusammenhang mit den G20 Demonstrationen“ gegeben. Seit 6:00 Uhr würden Wohnungen in acht Bundesländern durchsucht, unter anderem in Hamburg, Berlin und Niedersachsen, teilte die Hamburger Polizei mit. Die Durchsuchungen standen demnach im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs am Morgen des 7. Juli am Hamburger Rondenbarg. Wegen der dortigen Auseinandersetzung zwischen der Polizei und einer Gruppe Anti-G20-Demonstranten steht auch Fabio V. vor Gericht.
Wie der NDR berichtete, hat die Polizei 24 Objekte im Visier, darunter private Wohnungen und linke Stadtteilzentren – unter anderem in Köln, Bonn, Siegburg, Göttingen und Stuttgart. Das linke Hamburger Kulturzentrum „Rote Flora“ sei bei dem Einsatz am Dienstag nicht durchsucht worden, so ein Polizeisprecher. In der Stadt durchsuchten Beamte demnach die Wohnung eines mutmaßlichen Mitglieds der linksradikalen Gruppe „Roter Aufbau Hamburg“.
In Göttingen soll laut Beobachtern der Piraten-Lokalpolitiker Meinhart Ramaswamy betroffen sein: „Wir sind beim Frühstück sehr unsanft und brutal gestört worden und hatten Angst, die Türen gehen kaputt. Mit 25 Menschen ist die Polizei hier rein. Sie wollen gar berufliche Unterlagen mitnehmen. Presse wird nicht zu uns gelassen“, zitiert ihn eine Zeugin vor Ort auf Twitter. Mehrere Aktivisten versammelten sich am frühen Morgen zum Protest gegen die Razzien. „G20 ist kein Verbrechen!“steht auf einem Transparent, „Solidarität mit den Betroffenen“ auf einem weiteren.
Laut Polizei Hamburg läuft die Durchsuchung unter Führung der Hamburger Sonderkommission „Schwarzer Block“, die Straftaten rund um den G20-Gipfel aufklären soll. Gegenüber „nd“ (Neues Deutschland) bestätigte die Polizei Hamburg, dass es bei den Razzien ausschließlich um die Ereignisse rund um den Morgen des 7. Juli in der Straße Rondenbarg geht.
Damals kam es nach Darstellung der Polizei zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen etwa 200 Gipfelgegnern und den Einsatzkräften. Die Demonstranten waren vom einzigen erlaubten Protestcamp in die Innenstadt aufgebrochen, um dort an den für diesen Tag geplanten Blockaden der Zufahrten zum G20-Gipfel-Tagungsort Messegelände teilzunehmen.
Ein Video weckte bald Zweifel an der Darstellung der Situation von Seiten der Polizei. Darauf ist lediglich zu erkennen, wie aus der Menge heraus drei Leuchtfackeln geworfen wurden, die keine Beamten trafen. „Die Hausdurchsuchungen haben zum Ziel, Beweismittel zu sichern“, so ein Sprecher der Hamburger Polizei.
In diesem Zusammenhang wurde auf Twitter erinnert: G20-Razzia wegen Rondenbarg? Zur Erinnerung: Dort hat die Polizei Demonstranten mit den Worten „Antifa-Schweine, das ist euer Frühstück“ eine Mauer herunter geprügelt. 11 Schwerverletzte.
Unstrittig ist: Es gab 70 Festnahmen, darunter 15 Verletzte mit Arm- und Beinbrüchen. Einer der Festgenommenen war Fabio V., sein Prozess ein Präzedenzfall für die anderen Angeklagten vom Rondenbarg. Eine konkrete Beteiligung konnte ihm bislang nicht nachgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund kommentierte unter anderem die „Interventionistische Linke“ die Razzien mit den Worten: „PolizeiHamburg will von eigener Gewalt und dem Scheitern des Gipfels ablenken.“
Durch die Ereignisse am Rondenbarg geriet die Polizei ins Zentrum der Kritik. So stürzten 14 Anti-G20-Aktivisten auf der Flucht vor den Beamten von einem Gerüst und verletzten sich dabei teilweise schwer. Auf einem Polizeivideo ist zudem zu sehen, wie ein Beamter einen Demonstranten im Vorbeigehen ohne Vorankündigung schlägt.
Auch das „Blockupy“-Bündnis kommentierte die Razzien via Twitter. Offensichtlich habe die „Hamburger Polizei nicht viel in der Hand“ und wolle jetzt „ihr undemokratisches Vorgehen nachträglich legitimieren“. „Blockupy Berlin“ reagierte mit Ironie: „Wir sind gespannt, wie viele Haargummis, Silvesterböller, schwarze T-Shirts, NOG20-Aufkleber usw. die Hamburger Polizei heute auf ihrer Pressekonferenz als gefährliche Waffen präsentieren wird“.
Doch es geht um Mehr. Die staatlichen Repressions- und Überwachungsorgane wollen ganz klar Zeichen setzen und kritische Demonstrationen gegen das neoliberale Mafiasystem kriminalisieren und unterdrücken, mit dem Ziel sie auch zukünftig gewaltsam zu verhindern.
Ermittelt wird wegen „schwerem Landfriedensbruch“. Und deswegen wird in zahlreichen Fällen bundesweit die vom Grundgesetz geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung außer Kraft gesetzt oder besser gesagt: man setzt sich einfach darüber hinweg!
Die Kriminellen sind aus unserer Sicht ganz woanders zu suchen! Denn dieser im Grundgesetz verankerte Schutz der eigenen Wohnung ist ein wichtigstes Rechtsgut unserer Verfassung. Wer sich darüber wegen einer vergleichsweisen Nichtigkeit hinwegsetzt, denn es handelt sich hier um keine Terroristen oder Schwerverbrecher und auch um unschuldige, bei dem sollte man darüber nachdenken, ob nicht der Ausdruck Verfassungsfeind angebracht ist.
In Hessen wurde eine Wohnung in Marburg durchsucht. Warum war nicht zu erfahren. Früher, im 3. Reich, kam die Gestapo in die Wohnung um zu kontrollieren, ob die Familie am Eintopfsonntag auch Eintopf aß. Aber zum Glück sind solche Zeiten schon lange vorbei. Wir leben ja in einer Demokratie und einem Rechtsstaat, der von der Verfassung geschützt ist …
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.
Quellen:
Neues Deutschland Online
Tageszeitung junge Welt