Sendung 414 vom 08.06.2017
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Während monatlich tausende Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken, die Balkanroute dicht ist und man sich des Diktators Erdogan bedient um Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan von Europa fernzuhalten zeigen Deutschland und die EU ihren Januskopf in der Flüchtlings und Einwanderungspolitik.
So wurde beispielsweise am 17. Mai diesen Jahres ein Abkommen zwischen EU und der Ukraine unterzeichnet, das dieser ab dem 11. Juni Visafreiheit garantiert. Ein Land in dem Rechtsextreme in der Regierung sind, in dem Bürgerkrieg herrscht und das sich durch einen ans paranoide grenzenden Russlandhass auszeichnet. Es stellt sich die Frage welchen Sinn es macht diesem Land solche Einreiseerleichterungen für seine Bürger zu gewähren, dass anderen demokratischeren verweigert wird. Spielt hier eventuell die imperiale Machtausweitung der EU-Staaten, allen voran Deutschland, eine Rolle?
Doch nicht jeder ist hier so willkommen wie die Ukrainer.
Am Mittwochvormittag vergangener Woche ist es an einer Nürnberger Berufsschule zu einem brutalen Polizeieinsatz gekommen, als Polizeibeamte versuchten, einen Schüler aus Afghanistan in Abschiebehaft zu nehmen, um ihn anschließend zu deportieren.
Kurz nach acht Uhr morgens holten mehrere Polizeibeamte den 21-jährige Asef N. an der Beruflichen Schule 11 aus dem laufenden Unterricht. Noch am selben Abend sollte er mit einem Sammelflieger gemeinsam mit anderen abgelehnten afghanischen Asylbewerbern nach Kabul geflogen werden.
Die Nachricht von der überraschenden Abschiebung machte an der Schule in kürzester Zeit die Runde. Der Polizeiwagen, in dem der 21-Jährige abgeführt werden sollte, stand noch vor der Schule, als erste Mitschüler spontan eine Sitzblockade organisierten. Sie besetzten die Straße vor und hinter dem Wagen und riefen: „Kein Mensch ist illegal! Bleiberecht, überall!“ Flüchtlingshilfeorganisationen gaben die Nachricht online weiter und riefen Menschen in der Umgebung auf, zur Schule zu kommen und zu protestieren. Insgesamt beteiligten sich etwa 300 Menschen spontan an dem Protest.
Die Polizei, inzwischen mit schwer gepanzerten Einsatzkräften vor Ort, ging mit Schlägen und Tritten gegen die Schüler vor. Der von mehreren Polizisten festgehaltene Asef ging zu Boden und wurde an Händen und Füßen mehrere Meter über den Bürgersteig und den angrenzenden Rasen geschleift. Die Polizei räumte rigoros den Weg frei. Wer Asef zu Hilfe kommen wollte, wurde von anderen Polizisten weggezerrt, geschubst und mit Schlagstöcken und Pfefferspray traktiert.
Auf die Demonstranten, die sich zur Sitzblockade formiert hatten, ließ die Polizei einen Hund mit Maulkorb los. Einer der Demonstranten verließ den Ort mit blutüberströmtem Gesicht – eine Folge des Schlagstockeinsatzes, den die Polizei nach eigenen Angaben nur zu ihrer eigenen Verteidigung durchgeführt haben will.
Der 21-jährige Asef galt an der Beruflichen Schule 11 in Nürnberg als gut integriert. Er lebt seit vier Jahren in Deutschland und hatte, wie es an der Schule heißt, sogar Aussicht auf einen Ausbildungsplatz als Schreiner. Auch seine Deutschkenntnisse waren offenbar gut.
Dass Polizei und Ausländerbehörden abgelehnte jugendliche Asylbewerber vor den Augen ihrer Mitschüler und Lehrer aus der Schule holen, ist beileibe kein Einzelfall, sondern mittlerweile die skandalöse und inhumane Regel eines unmenschlichen Regimes mit einem Innenminister De Maiziere! Auch wir haben in dieser Sendung schon mehrmals darüber berichtet.
Doch anders sieht es aus bei Menschen, die dem System des neoliberalen Kapitalismus nützlich sein könnten. So hat bereits Anfang April die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen den Entwurf eines Einwanderungsgesetzes vorgelegt. Keineswegs geht es den Grünen darum, Migrantinnen und Migranten zu helfen und diesen eine Hilfestellung für ein Leben in Sicherheit und Arbeit zu geben.
„Deutschland ist auf Einwanderung angewiesen“, stellten die Spitzenfiguren bei den Grünen anlässlich der Vorstellung ihres Gesetzesentwurfs fest. Ihr Ziel lautet eigenen Angaben zufolge, „den Bedarf an qualifizierten Fachkräften in Deutschland zu decken“. Dazu wollen sie „eine Talentkarte“ einführen, mit der sollen gut qualifizierte Fachkräfte mit ihren Familien auch ohne Nachweis eines Arbeitsangebots nach Deutschland kommen können, um hier binnen eines Jahres Arbeit zu finden. Es soll „eine Einwanderungskommission“ ins Leben gerufen werden, die „den jährlichen Fachkräftebedarf und damit die Zahl der jährlichen Talentkarten dem Bundestag vorschlägt“.
Wie die Grünen fordern auch SPD und FDP ein Einwanderungsgesetz mit Punktesystem. Kanada, das beliebte Einwanderungsland dient als Vorbild. Wenn man das Punktesystem herunterbricht, geht es im Kern um die Fähigkeit der Bewerber, sich zu integrieren, nachzuweisen, dass sie die gewünschten Fähigkeiten eines guten Mittelklassebürgers haben: Sprache und Berufserfahrung und ganz wichtig, passen sie in die Gesellschaft und sind sie von Nutzen?
Die abgeschafft geglaubte Sklaverei lässt grüßen.
Menschen werden von den herrschenden Deutschlands und der EU in die Kategorien nützlich und überflüssig eingeteilt. Die Frage wer Hilfe braucht, wessen Leben und Existenz gefährdet sind bleibt auf der Strecke. Wichtig ist einzig und allen wer dem System nützlich sein kann. Das ist keine Politik, das ist Barbarei. Eine Barbarei schlimmsten Ausmaßes und schlimmster Art. Sie muss bekämpft werden. Von allen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, die uns Verfassung, Gesetz und Demokratie zur Verfügung stellen.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder!