Sendung 405 vom 02.03.2017
Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Über das Obdachlosenlager in der Frankfurter Gutleutstraße wurde in den Medien schon des Öfteren berichtet. Selten problemorientiert, in der Regel wurden Vorurteile gepflegt. In der vergangenen Woche nun wurde das Gelände von der Stadt Frankfurt geräumt. Federführend hierbei war, wie nicht anders zu erwarten, der law-and-order Haudrauf und Frankfurter Ordnungsdezernent Markus Frank.
Der Frankfurter Förderverein Roma hat hierzu am 20. Februar eine Pressemitteilung veröffentlicht, die wir hier wiedergeben möchten:
Ordnungsamt räumt die Bewohner der Brache ins Elend
Heute Morgen um 7.00 Uhr räumte das Ordnungsamt die Brache in der Gutleutstraße.
Ein betroffener Rom berichtete, dass ihm nicht genug Zeit blieb, Kleider, Essen, die wenigen Habseligkeiten und die notwendigen Tabletten einzupacken. Eine Frau beschwert sich nachdrücklich darüber, dass sie am Hals gepackt und mit Gewalt in den Bus verbracht wurde. Alle Wertgegenstände, die notwendig waren, das Leben auf der Brache zu organisieren, sind nicht mehr im Besitz der Betroffenen.
Vorübergehend sind die etwa 40 Personen in drei Zimmer ein paar Häuser weiter notdürftig in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht. Jede Hütte auf dem Gelände hatte mehr Intimsphäre. Die Versorgung ist mangelhaft und die Sicherheitsdienste praktizieren eine allgegenwärtige Kontrolle.
Morgen soll geklärt werden, was mit dem Eigentum der Roma geschieht. Seit Monaten wird bekundet, dass die BewohnerInnen generell keinen Anspruch auf öffentliche Hilfe haben. Deshalb gab es die Brache, weil Armut sich selbst überlassen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Roma nach einigen Tagen wieder auf der Straße stehen, ohne Unterkunft und ohne Schutz. Dies wiegt umso schwerer, da im letzten Halbjahr zwei Brandanschläge auf Roma verübt wurden. Drei Betroffenen flüchteten damals von ihrer Schlafstätte auf die Brache!
Wenn nunmehr als Anlass für die Räumung der Brand einer Hütte und die sanitären Zustände angegeben werden, so rechtfertigen das Sozialdezernat und das Ordnungsamt die eigenen Unterlassungen der Vergangenheit. Seit Monaten wiesen die Bewohner und UnterstützerInnen darauf hin, dass der Zugang zu Wasser, ein Anschluss an die Kanalisation und die Müllentsorgung erfolgen sollen. Abwarten und Ignoranz der Verantwortlichen in der Kommune wird nunmehr instrumentalisiert zur Denunziation der Bewohner der Brache und zur inhumanen Räumung. Eine nachhaltige Alternative spielt keine Rolle. Die Roma sollen die Stadt und das Land verlassen, so wie es bei früheren Räumungen stets gefordert wurde.
Die law and order Aktion im Morgengrauen kriminalisiert die Bewohner der Brache, der Einbehalt ihres Besitzes ist Diebstahl und das Niederreißen der Hütten ohne die Spur einer Hilfe, beraubt sie ihrer Existenz. Im Vorfeld wurde durch eine breite antiziganistische Berichterstattung und Öffentlichkeit die Stimmung für die Räumung geschaffen.
Es stellt sich zudem die Frage, warum einerseits über eine Lösung im Sinne der Roma in der Koalition nachgedacht wurde, wenn andererseits durch die Politik der vollendeten Tatsachen deren Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Ffm., den 20.2.2017 – Zitat ende.
Bei den am nächsten Tag erfolgten Ankündigungen der Stadtregierung nun „langfristige Lösungen“ finden zu wollen, ist es bis heute allerdings geblieben.
Schaut man sich einmal die Schlagzeilen diverser lokaler Medien an, so zeigt sich woher der rechtslastige Wind weht: „Hüttensiedlung auf der Industriebrache Gutleutstraße: Stadt räumt Rumänenlager“, „Um 7 Uhr kam der Bagger – Bettler-Lager in der Gutleutstraße platt gemacht“oder „Elends-Lager im Gutleutviertel geräumt“. Der „Stürmer“ hätte es anno 1933 nicht „besser“ ausdrücken können.
Die Frankfurter Rundschau sprach gar von „Wanderarbeitern“ und gab dem Elend noch einen pseudo-romantischen Touch. Also alles gar nicht so schlimm, oder?
Verschwiegen wird hier viel, um nicht zu sagen alles! Zum einen handelt es sich überwiegend um EU-Bürger. Viel wichtiger aber ist die Tatsache, dass diese Menschen einen Grund für ihre Migration haben und nicht aus „Jux und Dollerei“ oder gar als romantische Wandergesellen zu uns kommen. Zum einen handelt es sich um Roma, die auch fast 72 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges europaweit verfolgt werden und überall kaum eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben haben.
Bei dem anderen Teil handelt es sich um Menschen aus Osteuropa, die (auch dank der neoliberalen EU-Politk) in ihrer Heimat keine Arbeit finden und so dazu verdammt sind sich anderweitig nach Arbeit umzusehen. Somit sind diese Menschen auch das „Ergebnis“ deutscher Politik!
Wer, wie die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt, diesen Menschen die Existenzgrundlage entzieht, ihnen jede finanzielle Hilfe verweigert und sie quasi ohne jede menschliche Regung „im Rinnstein sich selbst überlässt“ der handelt nicht nur inhuman und unmenschlich, sondern schlicht verbrecherisch. Denn auch in Deutschland und Europa gibt es Gesetze, an die sich Regierungen halten müssen. Nicht zuletzt das in unserer Zeit von manchen vergessene Gesetz der Menschlichkeit!
Geändert werden muss vor allem die neoliberale Politik, bei der unweigerlich manche Staaten die Verlierer sind, damit andere wie Deutschland gewinnen können. Nur wenn alle gemeinsam daran arbeiten ein System zu schaffen, das für alle gerecht ist und jedem Arbeit ermöglicht kann eine Lösung herbei geführt werden.
Sogenannte „Lösungen“ á la Markus Frank und frankfurter Ordnungsamt führen nur ins Elend und zurück in längst vergangen geglaubte Zeiten!
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.