Sendung 402 vom 26.01.2017
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Die ersten Wochen des neuen Jahres sind vergangen und dabei so ereignisreich wie schon lange nicht mehr. Einen der vielen Themenbereiche kann man umschreiben mit „Der fragwürdige Umgang von Gesellschaft und Politik mit Rechten und Linken“.
Bei der Recherche zu dieser Sendung genügte die Eingabe von „Nazis“ und „Bundesrepublik“ in Google, um seitenweise auf viel Interessant-Verachtenswertes zu stoßen. Von Nazi-Juristen im Bundesjustizministerium bis zu SS-Kriegsverbrechern in der Bundeswehr und Neonazi-Netze in Gefängnissen, um nur Einige zu erwähnen. An erster Stelle jedoch stand ein Wikipedia-Artikel namens „Liste ehemaliger NSDAP-Mitglieder, die nach Mai 1945 politisch tätig waren“. Er enthält über 250 Namen von Politprominenz, die früher NSDAP-Mitglied waren. Darunter auch Bundespräsidenten und Bundestagspräsidenten, eine „saubere Gesellschaft“ sozusagen.
Nazis, NS-Kriegsverbrecher und Rechtsextreme sind in höchstem Maße gesellschaftsfähig, in „diesem unserem Lande“. Das zeigt sich nicht zuletzt am jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum NPD-Verbot. Das Nein des höchsten deutschen Gerichtes reiht sich problemlos ein in den „braunen Sumpf“ der Bundesrepublik Deutschland, seit ihrem Bestehen.
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Verbot der NPD abgelehnt, wie schon vorab vermutet. Das Urteil fiel einstimmig. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die rechtsextreme Partei zwar verfassungsfeindlich und wesensverwandt mit dem Nationalsozialismus sei, nicht aber bedeutend genug, um die Demokratie ernsthaft zu gefährden. Es fehle „derzeit an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es möglich erscheinen lassen, dass ihr Handeln zum Erfolg führt“, begründete Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle das Urteil. Bravo! Nicht besser könnte die Interpretation spekulativer Urteilsauffassung sichtbar werden.
Bei dieser intellektuell äußerst eingeschränkten Begründung muss dringend an einen anderen, auch aktuellen, Gerichtsbeschluss aufmerksam gemacht werden, der in jüngster Zeit wieder fürs Aufsehen sorgte: Der Fall Silvia Gingold. Die einstige Lehrerin und Tochter des Antifaschisten und jüdischen Resistancekämpfers, Peter Gingold, wird seit geraumer Zeit auf Schritt und Tritt durch den Verfassungsschutz überwacht und bespitzelt, obwohl ihr noch nie irgendeine Rechtswidrigkeit nachgewiesen wurde. Sie kämpft noch immer gegen die Folgen des Berufsverbotes und ist am 12. Januar dieses Jahres gegen das Land Hessen vors Gericht gezogen, um die Beendigung ihrer Verfolgung durch den Geheimdienst, Einsicht in ihren Akten und ihre Löschung zu erzielen. Ihre Akten wurden wieder ohne jegliche Freisprechung und Beschluss wieder an weiteres Verwaltungsgericht weitergeleitet. Wie es anhand geschilderter Beispiele mit Verhältnismäßigkeit, Neutralität bzw. Unparteilichkeit der Justiz bestellt ist, möchten wir kommentarlos für sich sprechen lassen.
Nun ausgegangen von dem Gerichtsbeschluss, was die NPD betrifft, meinen wir: Diese Tatsachen und Gegebenheiten lagen je im Jahr 1933 vor – und schon da war es, für die Wahrnehmung dessen, was darauffolgend antrat, zu spät, wie in jedem Falle bei dieser Begründung. Anstatt ein klares Nein und eindeutiges Zeichen dagegen zu setzen, was im Hinblick auf den steigenden Rechtsextremismus in diesem Land, und die klare Verfassungsfeindlichkeit der NPD angeht. Anstatt der faktischen Ausführung einer sozialgerechten Politik und konsequenter Einhaltung der Menschenrechts- und Völkerrechtskonventionen, mit Blick auf die rechte Gefahr für dieses Land von Seiten der AfD, werden all die Demokratie- und Rechtsstaatlichkeitsaufweisenden Errungenschaften bis zur Unerkennbarkeit ausgehebelt, was wiederum die Frage aufwirft, ob das Bundesverfassungsgericht und gesetzgebende Staatsorgane überhaupt ein Interesse daran hätten dem höchstgefährlichen Treiben von Rechtsextremen in diesem Land einen wirksamen Riegel vorzuschieben. Und gleichzeitig sollte einmal die Frage gestellt werden… wenn nein warum nicht!
Passend dazu wird in gleichem (oder sogar größerem) Maße in diesem Land Jagt auf Linke gemacht und das eben solange wie während man Rechte jeder Couleur unbehelligt laufen und gewähren lässt. Während bei dem Umgang mit DDR-Stasi Mitarbeitern. Nach fast 30 Jahren wird erbarmungs- und geistlos alles verfolgt und mit härtesten Repressionen bestraft, bis hinunter zum Lehrling oder Hausmeister. Ein sehr fragwürdiges Unterfangen, wenn man bedenkt, dass in diesem Land außer Mord und Kriegsverbrechen alles verjährt.
Bestes Beispiel für diesen Verfolgungswahn und paranoidische Verfahrensweise ist der Berliner Baustaatssekretär Andrej Holm.
Holm hatte im Alter von 18 Jahren im September 1989 als Anwärter für die Laufbahn als Berufsoffizier im Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) seinen Dienst im MfS-Wachregiment »Feliks Dzierzynski« angetreten. Dieses war bereits Ende Januar 1990 aufgelöst worden.
Vorgeworfen wurde ihm, jedenfalls nach außen hin, nicht sein persönliches Verhalten während dieser fünf Monate, sondern dass er bei seiner späteren Anstellung an der Berliner Humboldt-Universität 2005 falsche Angaben über die Hauptamtlichkeit der kurzen MfS-Tätigkeit gemacht haben soll.
Nach dadurch ausgelösten wochenlangen Auseinandersetzungen in der „rosa-rot-grünen“ Berliner Regierungskoalition hat Baustaatssekretär Andrej Holm letztendlich seinen Rücktritt erklärt. Der Stadtsoziologe und langjährige Mietrechtsaktivist kam damit einer Entlassung zuvor, die Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), schon beschlossen hatte. Müller hatte Holms Vorgesetzte, Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), aufgefordert, dem Senat eine entsprechende Vorlage zuzuleiten.
Lappalien werden, wie immer wenn es um die ehemalige DDR und ihre Organe geht, aufgebauscht und die beteiligten Personen einer regelrechten Menschenjagt, über Wochen und Monate hinweg, ausgesetzt. Wenn aber Manager, wie im Fall von VW oder der Deutschen Bank, lügen, betrügen, milliardenschaden verursachen und unzählige Menschen weltweit schädigen, dann hört man keinen ähnlich gearteten Aufschrei. Im Gegenteil: Es wird von Politik und Justiz geschwiegen, bagatellisiert und unter den Teppich gekehrt. Nach dem Motto: alles halb so schlimm.
Bei dem Wissenschaftler und Mietrechtsaktivisten Andrej Holm jedoch wurde, trotz einer Bagatelle, das große Kaliber herausgeholt und Dauerfeuer geschossen. Denn am Mittwoch vergangener Woche hat ihm auch sein Arbeitgeber, die Berliner Humboldt-Universität, eine „ordentliche“ Kündigung ausgesprochen.
Holm selbst erklärte am Montag vergangener Woche, bei der Forderung, ihm sein neues Amt zu entziehen, sei es „nicht nur um meine Zeit bei der Stasi und um falsche Kreuze in Fragebögen“ gegangen, „sondern vor allem um die Angst vor einer Wende im Bereich der Berliner Stadt- und Wohnungspolitik“. Er kündigte an, weiter dafür zu kämpfen.
Wie man hieran sieht, wird der Radikalenerlass aus den Siebzigern bis zum heutigen Tag weitergeführt. Aber damals wie heute nur beim Schreckgespenst der Bourgeoisie, den Linken. Und dass, während Wirtschaftsverbrecher, Nazis und durchgeknallte AfD-ler unbehelligt und straffrei bleiben.
Die Frage: Wo werden wir hingeführt, in wessen Regie um wessen Wille und Interesse? Unsere Medien sind überfüllt von Berichten über rechte Gewalt, von überfließenden AFD-Strategien und Bilder von AFD-Strategen. Wollen wir uns dies alles gefallen lassen und nach dem pädagogischen Prinzip uns daran gewöhnen? Unsere Antwort ist: Nein. Nie wieder Faschismus!
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.