Sendung 386 vom 07.07.2016
Willkommen liebe Zuschauerinnen und Zuschauer.
Es gibt unzählige Selbstverständlichkeiten, die nach Jahrhunderten Herrschaft von Ungerechtigkeit, Feindschaftspflege und Verwaltung deren Folgen zur nicht Selbstverständlichkeiten umgewandelt wurden und umgekehrt. Ein brisantes Beispiel dafür ist der unüberhörbare Widerhall gegenwärtiger Kriegstrommeln und Kriegsposaunen, national wie international. Nach über 40 Jahren tobendem Kalten Krieg stehen wir wieder an der Schwelle eines neuen Weltkriegs eigentümlicher Art, dessen Propagandisten Hand in Hand mit Finanzmonopolen, regieführenden Konzernen und Regierungen die Lösung aller Unzugänglichkeiten und Unwägbarkeiten in Krieg und Kriegerisches manifestieren und zu zementieren versuchen. Nach dem Jubeln breiter gesellschaftlichen Schichten in der BRD und der ganzen Welt für eine Welt ohne Kriege und ohne atomare Bedrohung und Weiterrüstung, nachdem die sich überbietenden Abrüstungsphantasien die Hoffnung im Herzen von Milliarden wiedererweckten, erfahren wir nun wieder, dass die äußerst notwendigen sozialen und wirtschaftlichen, systemkritischen und systemverändernden von Menschen gemachten Projekte den Anakondas dieser Welt zum Opfern fallen dürfen. Krieg ist aber keine Selbstverständlichkeit! Im Gegenteil, Krieg ist gegen all die Varianten einer Menschen achtenden und lebensbejahenden Lösung.
Am vergangenen Wochenende gab es eine DPA Meldung in vielen Onlinemedien, die eigentlich jeden schockieren sollte:
Darin heißt es u. a.: 2015 seien Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von 7,86 Milliarden Euro erteilt worden. 2014 waren es 3,97 Milliarden, ein Jahr zuvor 5,85 Milliarden.
Damit sei die Summe nun nochmals höher als von Minister Sigmar Gabriel (SPD) im Februar gesagt – damals hatte er unter Berufung auf vorläufige Berechnungen eine Summe von 7,56 Milliarden Euro genannt. Ein Ministeriumssprecher wollte den Vorab-Bericht nicht kommentieren.
Das Ministerium räumt in dem Bericht ein, dass die Rüstungsexporte stark angestiegen seien, verweist aber auf eine Reihe von „Sonderfaktoren“. Hervorzuheben sei die Genehmigung von Kampfpanzern und Panzerhaubitzen samt Munition und weiteren Begleitfahrzeugen für Katar im Wert von 1,6 Milliarden Euro. Diese Ausfuhren seien bereits 2013, also noch unter Schwarz-Gelb, genehmigt worden, heißt es in der Meldung. Schuld sind also offensichtlich immer die anderen! Jedoch: Noch nie zuvor hat die BRD so viele Militär-Mordinstrumente exportiert, wie unter diesem sozialdemokratischen Wirtschaftsminister. Das sollte eigentlich zu denken geben, tut aber offensichtlich nicht.
Denn auch was militärisches Säbelrasseln angeht, steht die deutsche Politik wieder mit Begeisterung an vorderster Front. Neben den vielen Auslandseinsätzen, die nicht nur nach dem Willen von Kriegsministerin von der Leyen, massiv ausgebaut werden sollen unterstützt ausgerechnet Deutschland – in extremer Weise – das sich immer weiter zuspitzende militärische Drohpotenzial gegen Russland.
So fordern, wenige Tage vor dem NATO-Gipfel in der polnischen Hauptstadt Warschau, deutsche „Think-Tanks“ wie die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die im Staatsauftrag handelnde Bundesakademie für Sicherheitspolitik neben der Stationierung von Kampftruppen an der Grenze zu Russland den Ausbau des westlichen Atomwaffenarsenals. Eine „Überarbeitung“ der „Nuklearstrategie“ der NATO sei „dringend geboten“, da eine gegen Moskau gerichtete „glaubwürdige Abschreckung“ zwingend einer „nuklearen Komponente“ bedürfe, erklärt etwa die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung.
Auch die zentrale militärpolitische Denkfabrik der Bundesregierung, die Bundesakademie für Sicherheitspolitik, verlangt nach einem „neuen nuklearstrategischen Konsens“ des transatlantischen Bündnisses, um die „anti-westliche Macht“ Russland in Schach zu halten. Die Implementierung eines Raketenabwehrsystems in den osteuropäischen NATO-Staaten wird ebenfalls mit der vermeintlichen „Aggressivität“ Moskaus und der davon abgeleiteten Notwendigkeit der „Abschreckung“ begründet.
Ihre „politische Handlungsfähigkeit“ gegenüber Russland stelle die westliche Militärallianz zudem dadurch unter Beweis, dass die formal neutralen Staaten Schweden und Finnland bereits „eng in die NATO-Prozesse integriert“ seien, heißt es. Darüber hinaus bekennen sich beide Think-Tanks zum gewaltförmigen „globalen Krisenmanagement“. Der Adenauer-Stiftung zufolge muss die NATO in der Lage sein, „Bedrohungen“ überall „dort auszuschalten, wo sie entstehen“. Als solche gelten der Denkfabrik explizit auch sogenannte „Migrationsströme“.
Nochmehr Militär gegen Flüchtlinge anstatt diesen Menschen zu helfen, „Modernisierung“ anstatt Verschrottung der sich in der BRD befindlichen US-Atombomben und die geplante Stationierung von Bundeswehrsoldaten in Staaten an der russischen Grenze (innerhalb der NATO).
Mehr als 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges wird dieser in Riesenschritten reaktiviert. Die westlichen Vorwürfe, Drohgebärden und Handlungsweisen sind die Gleichen wie damals. Und heute unterstützen, an Russlandphobie leidende ehemalige Ostblockstaaten wie z. B. die baltischen Staaten, Polen oder die Ukraine die USA in ihrer krankhaften Russlandfurcht dabei sie und den Westen in deren neoliberal / hegemonialem Vormachtstreben in Richtung Osten.
Eine auf Frieden bedache Politik sieht anders aus. Vor allem die SPD, als Teil des regierenden Merkel/Gabriel-Regimes muss sich fragen lassen, was das alles noch mit „sozialdemokratischer“ Politik zu tun hat. Und CDU/CSU sowie SPD müssen sich die Frage gefallen lassen, inwieweit sie sich noch von AFD oder NPD unterscheiden. In der Kriegspolitik scheinen die Unterschiede jedenfalls mehr und mehr zu verschwimmen.
Wie wenig an Glaubhaftigkeit noch in der momentanen Politik vorhanden ist, sieht man auch an den laufenden Verhandlungen zu TTIP und CETA. Der Bürger erfährt nichts und wird ausgeschlossen und nun versuchte Jean-Claude Junker CETA über die Köpfe der europäischen Mitgliedsstaaten hinweg durchzudrücken, nämlich ohne diese darüber abstimmen zu lassen. Der lange Arm der USA reicht anscheinen weiter denn je … Wie bitteschön soll man dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel seine plötzliche und lautstarke Kritik an diesem Vorgehen glauben? Denn ist und war er es, der die TTIP/CETA-Verhandlungen (als Wirtschaftsminister) noch Kurzem als unerlässlich bezeichnet und gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit hierzulande verteidigt und durchgedrückt hat inclusive der absurden Geheimniskrämerei darum.
Für eine glaubhafte Politik bedarf es einer generellen politischen Wende, hin zu Frieden, wirklicher internationaler Zusammenarbeit, wirklicher Demokratie und vor allem sozialer Gerechtigkeit.
Wir sehen uns zur nächsten Sendung wieder.